Ich will ehrlich mit euch sein – mein erster Versuch, ein minimalistischeres Leben zu führen, ist im Januar größtenteils „gescheitert“. Ich habe mich dann doch in manchen Tiefen des Konsums verloren und Dinge gekauft, die eigentlich nicht in der No-Buy-Challenge „erlaubt“ gewesen wären. Trotzdem gebe ich so schnell nicht auf, verurteile mein Kaufverhalten auch nicht, sondern versuche, daraus zu lernen und führe die „Schonkost“ und die damit verbundene emotionale Instabilität als Milderungsgründe an, liebe innere Richterinnen und Richter. Dennoch habe ich auch einiges verändern können, darunter vor allem die Fülle in meinem Kleiderschrank. Ich habe mich nämlich tatsächlich im letzten Monat mit dem Konzept des Capsuale Wardrobes beschäftigt, welches man kurz wie folgt zusammenfassen kann:
Ein Capsuale Wardrobe definiert sich durch eine begrenzte Anzahl an Kleidungsstücken (manche sprechen hier von 37, andere definieren keine explizite Zahl) innerhalb des eigenen Kleiderschrankes. All diese Stücke lassen sich untereinander gut kombinieren und sind anpassbar auf die Bedingungen verschiedener Jahreszeiten. Zwei essentielle Kleidungsstücke sind somit ein Wintermantel für eisige Temperaturen und ein luftiges Outfit für heiße Sommertage.
Grundsätzlich geht es also darum, so viel zu besitzen, wie nötig und gleichzeitig so wenig wie möglich. Dies verspricht, Zeitersparnis beim Raussuchen von Outfits, beim Wäsche waschen und bügeln und somit mehr Qualitytime für sich selbst.
Wie bereits in meinem letzten Beitrag zum Thema Minimalismus habe ich erwähnt, dass der Inhalt meines Kleiderschrankes mich und insbesondere meine Seele erdrückt. Also hieß es erstmal alle Kleidungsstücke raus, die mir in irgendeiner Weise nicht mehr passten. Dazu zählten vor allem Röcke, die mir im letzten Jahr zu kurz geworden sind, Oberteile, die nicht mehr ganz so sicher mein Dekolleté umrahmen und Hosen, in denen ich nur stehen, aber nicht mehr sitzen kann. Darüber hinaus wanderten auch einfach verschlissene Klamotten, die den Stempel „Ja, aber noch ok für zuhause“ bekommen hatten, auch aus meinen Schränken hinaus – und im Gegenteil zu den „geschrumpften“ Kleidungsstücken – direkt in den Müll.
Das, was dann zurückblieb, begutachtete ich noch einmal und versuchte, so ehrlich wie möglich mit mir selbst zu sein. Fragen, die mir hierbei geholfen haben, waren u. a.: Welche Teile ziehe ich wirklich oft an? In welchen Teilen fühle ich mich schön und selbstbewusst? Und welche Teile vegetieren einfach nur im Kleiderschrank vor sich hin, weil ich sie an anderen super cool finde, aber nicht an mir selbst? Nachdem ich all diese Entscheidungen getroffen hatte – was übrigens mehrere Wochen des Ausmistens und Eruierens gedauert hatte – verkaufte und spendete ich einige Sachen. Ich fühlte mich erleichtert und gut, auch wenn ich zwischendurch bei dem ein oder anderen Teil gehadert hatte, da ich doch wieder verführt war, zu sagen: „Ach, irgendwann wird der Moment kommen, an dem ich froh bin, dass ich dies nicht weggegeben habe!“.
Was in meinem Kleiderschrank übrigens nach dieser radikalen Eliminierungsaktion übriggeblieben war, bestand fast ausschließlich aus der Farbe Schwarz. Auch wenn Schwarz meine „Happycolour“ ist, habe ich dann doch überlegt, ob ein bisschen Farbe nicht grundsätzlich meinem Kleiderschrank guttun würde – vor allem, wenn Frühling und Sommer wieder Einzug halten. Laut des Capsuale Wardrobe Prinzips wird einem sogar angeraten, bis zu vier Farben, welche den eigenen Kleidungsstil und Farbtypen entsprechen, zu inkludieren.
Bis dato war noch alles in Ordnung, als ich dann aber meine Lieblingssecondhand-App öffnete und nach diesen Kleidungsstücken suchte, fiel ich in ein Rabbit Hole des Konsums und kaufte mehr, als ich auf meiner Liste stand. Das Gefühl danach lässt sich beschreiben wie ein Kater – auf der Shoppingparty fühlt man sich noch gut, euphorisch und kann sich überreden, dass das, was man gerade tut, genau das Richtige ist. Am nächsten Morgen bereut man dann jedoch und fühlt sich irgendwie schuldig.
Das Besondere, was Secondhand-Shoppen jedoch manchmal auch so enttäuschend macht, aber in diesem Fall ein Vorteil war, ist die Tatsache, dass man oft nicht so genau weiß, ob einem die Sachen passen. 50 Prozent der Kleidungsstücke, die ich bestellt hatte, bewiesen diese These und erhielten keinen Platz in meinem Kleiderschrank.
Am Ende waren es dann wirklich „nur“ fünf neue Teile, die an einen Bügel kamen und das ist eine Anzahl, welche vertretbar ist. Für die Zukunft versuche ich mir dennoch vorzunehmen, diese eine bestimmte App mal etwas ruhen zu lassen. Deinstallieren kann ich sie (noch) nicht, da einige Teile, die ich gerne ausmisten möchte, noch nach einer neuen Herrin bzw. einem neuen Herren suchen. Mein Zwischenfazit lautet daher, wie bei vielen Dingen im Leben: In der Theorie funktioniert’s manchmal schneller und besser als in der Praxis! Nichtsdestotrotz geht meine individuelle Minimalismus-Journey weiter und ich nehme euch auch in Zukunft ein bisschen mit.
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