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AutorenbildJacqueline

Von Wandel, dunklen Zeiten und der Lichtbringerin

Momentan ist eine dunkle Zeit, obwohl die Sonne scheint. Wir befinden uns gerade mitten in einer Art Umschwung, eine Veränderung, die unseren Alltag vollkommen auf den Kopf stellt, uns an unser Heim und unsere Bildschirme fesselt. Vielleicht ein bisschen tröstlich ist die Tatsache, dass dieser Wandel für jene Jahreszeit tief verwurzelt ist.

Letztes Wochenende, immer um den 19. bis 22. März herum, hätten die Germanen ein Fest gefeiert, das genau dies zelebrierte: Einen Umschwung. Den Umschwung von Winter zu Frühling, von Dunkelheit zu Licht, von todesähnlichem Schlummer zu erblühendem Erwachen. Die Tagundnachtgleiche im März war für sie der Zeitpunkt, an dem Ostara – nachdem sie ihren Schlaf unter dem weißen Totentuch des Winters beendet und erfolgreich die Eisriesen bekämpft hat – endlich den Frühling auf die Erde brachte.

Mit ihr kam traditionell Fruchtbarkeit, Erneuerung und Wachstum. Der Duft der ersten Frühlingsblumen wurde als Zeichen dafür angesehen, dass die Tochter der germanischen Götter Wotan und Frigg im Himmel tanzte – begleitet von engelhaften Wesen und Tieren wie z. B. Hasen. Letztere galten auch als ihr Symbol, bzw. ihre Verkörperung, wenn sie auf Erden wandelte. Dies hängt u. a. damit zusammen, dass genau eben jenes Sternbild, der s. g. „Mondhase“, rund um die Frühlingstagundnachtgleiche am Himelszelt zu sehen ist.

Doch nicht nur Hasen werden eng mit der germanischen Frühlingsgöttin in Verbindung gebracht, sondern auch Eier. Tatsächlich soll sie zu der Zeit, als noch alleinig die Götterwelt existierte, ein Ei gelegt haben, welches sie sodann Jahrtausende lang wohlbehütet zwischen ihren Brüsten trug. Als sich dann etwas begann, im Ei zu regen, legte sie es in der vollkommenen Finsternis des Nichts ab, das sie umgab, und aus der Schale brach die Erde hervor und der Eidotter erstrahlte als Sonne am Himmelszelt, das sich soeben erst gebildet hatte.

An diese Legende erinnert auch ihr Name, Ostara heißt nämlich so viel wie „Erdzeugung“. Gleichzeitig ist auch die Ähnlichkeit zur Himmelsrichtung „Osten“ nicht zu verkennen und dem damit verbundenen Sonnenaufgang. Kein Wunder also, dass sie als Lichtbringerin gefeiert wurde und in anderen Religionen und Kulturen ihre Entsprechung in der Aurora, der Morgenröte, findet.

Doch warum erzähle ich euch das alles? Warum spreche ich von „Mondhasen“ und eierlegenden Göttinnen, die die Welt erschufen? Warum lass‘ ich euch nicht in Ruhe mit Tagundnachtgleichen und Frühlingsvollmonden?

Ganz einfach, weil ich die Menschen dazu anhalten möchte, die momentane Situation nicht alles überschatten zu lassen. Ich möchte euch daran erinnern, dass die Dunkelheit es ist, aus der Licht geboren wird. Auf Winter folgt der Frühling. Aus Erstarrung wird Erwachen und klirrende Kälte verwandelt sich zu wohliger Wärme.

Veränderungen gehören zu unserem Leben dazu, die alten Germanen und Kelten feierten diese – egal, ob dunklere oder hellere Zeiten anbrachen. Das Pendent zu Ostara, also die Tagundnachtgleiche im Winter war ebenso eine Festlichkeit, die man trotz der Ankündigung einer schwereren Zeit zelebrierte. Statt Angst und Unbehagen zu empfinden, beging man „Mabon“ bei den Kelten in einer tiefen Dankbarkeit für das, was das Sommer an Ernte eingebracht hatte. Der Fokus lag somit ganz eindeutig auf dem Guten und nicht auf der kommenden Zeit der Entbehrungen.

Auch wir sollten uns jetzt auf das Gute fokussieren und darauf vertrauen, dass auch wieder lichtere Tage anbrechen. Mit der Gewissheit, dass Wandel zum Leben dazu gehört und ein stetiger Teil des natürlichen Prozesses ist, sollten wir positiv in die Zukunft schauen – dem Umstand zum Trotz, dass unser Frühling, unser emotionaler Frühling, dieses Jahr noch ein bisschen warten muss. Aber er wird kommen, so wie Ostara jedes Jahr zurückkehrt aus ihrem tiefen Schlaf und neues Leben und Lachen bringt.

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