Jeder, der mich ein bisschen besser kennt, weiß, dass meine Lieblingsjahreszeit der Herbst ist: Diese Zeit, in der man endlich nicht mehr so tun muss, als ob man gerne draußen bei 30 Grad durch den feuchtwarmen Smog der Stadt laufen würde, in der man lebt. Diese Zeit, in der warme, gemütliche Hoodies T-Shirts mit peinlichen Schweißflecken weichen. Diese Zeit, in der das Leben endlich wieder einen geruhsamen Gang geht und niemand vorschlägt, ins überlaufene Freibad zu gehen, in dessen Becken man sich vorkommt, als würde man in chlorigem Spülwasser dümpeln. Spätestens Ende September ist es gesellschaftlich anerkannt, sein soziales Leben wieder in Innenräumen zu zelebrieren und gewisse Körperteile – u. a. Füße – vor den Augen der Außenwelt angemessen zu verhüllen. Außerdem ist es auch endlich wieder sozial legitim, den Abend gemütlich auf dem Sofa zu verbringen und ab zehn Uhr im Bett ausklingen zu lassen, ohne, dass einem vorgeworfen wird, irgendwas zu verpassen. Und genau diesem Lebensstil frönte ich die letzten Wochen und Monate mit großer Genugtuung und genoss sie, indem ich viel gelesen und insbesondere eine Serie mit großer Freude verfolgt habe.
Literarisch bin ich in die Scheibenweltromane von Terry Pratchett abgetaucht, welche ihre Lesenden in eine wundervoll-abstruse Welt voller Magie, Skurrilität und federleichter Abenteuer entführen. Die Charaktere, die an diesem fantastischen Ort leben, der flach wie eine klatschianische Pizza ist, von vier Elefanten getragen wird, welche wiederum auf einer riesigen Schildkröte durchs Weltall fliegen, wickeln einen mit sagenhafter Selbstironie, einer unvergleichlichen Herzenswärme und ganz eigenem Witz um den Finger. Diese Eigenschaften sorgten dafür, dass ich bisher am Ende eines jeden Buches über die Hexen, Zauberer, Nachtwächter, Touristen oder sogar über den Tod höchstpersönlich Tränen der Rührung in den Augen hatte. Pratchett hat mit seinen Geschichten aus der Scheibenwelt ein Fantasy-Universum geschaffen, in welchem jeder Leser und jede Leserin mindestens eine Figur kennenlernt, in die er oder sie sich entweder auf Anhieb oder nach ein paar Kapiteln einfach verlieben muss.
Ebenfalls verliebt habe ich mich im Oktober in Kathryn Hahn als Agatha Harkness in der neusten Marvelserie Agatha All Along, einem Spin-Off zur aller ersten Serie aus dem Marvel-Universum überhaupt, nämlich WandaVision. Zum ersten Mal seit Jahren schaffte es eine Produktion dieses Franchises mich, wieder in ihren Bann zu schlagen, ohne mich mit Plot Holes und vergeigten Special-Effects zu enttäuschen. Mit echten Sets als Drehorten, witchy Frauenpower und einer Escape-Room-Aura überzeugt von daher Agatha All Along. Außerdem besticht die Serie mit einer lang vermissten Liebe zum Detail, einer wunderbar sympathisch-bösen Hexe in der Hauptrolle und einer Prise Horror sowie einem Fünkchen Humor. Für mich ein absolutes Must-See in der jetzigen Jahreszeit, wenn man – wie ich – keine Lust auf stumpfe Weihnachtsfilme hat.
All das konnte ich zudem nicht nur genießen, weil das Wetter dazu einlud, sondern vor allem deshalb, weil ich mich momentan voll und ganz auf meine eigenen Bedürfnisse konzentrieren kann. Meine Freizeit gestalte ich so, wie sie mit guttut und muss dabei auf niemanden Rücksicht nehmen. Die subtil in mir existierende Angst, mich ohne Partner an meiner Seite in der dunkleren Jahreszeit alleine zu fühlen, ist fort. Stattdessen verspüre ich ein tiefes Gefühl von Frieden – mit mir selbst, wie auch mit meinem Außen. Eine Leichtigkeit ist zurückgekehrt, welche mich durch meine Lieblingsjahreszeit trotz Dunkelheit und regnerischem Wetter trägt. Eine Leichtigkeit, welche mich den nassen Tropfen von emotionalen Gewitterwolken einfach ausweichen lässt und dafür sorgt, dass ich trotz Single-Dasein keine kalten Füße bekomme. Eine Leichtigkeit, welche Fantasy-Serien und -Bücher immer weiter nähren und erhalten und welche niemals wieder verschwinden mag.
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