#nähkästchen: Hinter imaginärem Plexiglas - Das Leben ohne Kinderwunsch
- Jacqueline

- 19. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Ich bin 30 Jahre alt, Single und möchte keine Kinder. Grundsätzlich ist das für mich auch kein Problem. Ich bin eine glückliche Dog-Mom, ich liebe meinen Job und auch, wenn ich jetzt wieder bereit für eine Beziehung wäre, fühle ich mich auf romantischer Ebene nicht allein. Ich habe darüber hinaus eine super supportive Mum (bzw. eine mega tolle Hundeoma für Loui) an meiner Seite und kann wirklich tolle Menschen zu meinem Freundeskreis zählen … aber trotzdem fühle ich mich manchmal einsam und irgendwie „unverstanden“ in der Art, wie ich mein Leben bestreite…explizit in dem Umstand, dass ich eben keine Kinder will.
In diesen Momenten, in denen ich mich so fühle, wünschte ich mir einfach eine Person oder sogar mehrere Personen in meinem Umfeld, die einfach ähnlich ticken wie ich. Personen, die verstehen, dass keine Kinder haben zu wollen, genauso wenig eine wirkliche Entscheidung ist, wie einen intrinsischen Kinderwunsch zu hegen.
Ich habe mich nie bewusst gegen gesellschaftliche Konventionen entschieden. Ich habe nicht von einem auf den anderen Tag oder nach langen Überlegungen beschlossen, einfach abzulehnen, Kinder zu bekommen bzw. traditionelle Werte zu leben. Vielmehr war da von Beginn an eine Art „Nicht-Empfinden“. Ich empfand einfach nicht das Bedürfnis, Kinder zu haben, eine Mutter zu sein, eine Familie zu gründen. Für mich persönlich entbehrte das Konzept „Mutterschaft“ einfach schon immer jeglicher Sinnhaftigkeit für mein eigenes Leben.

Meine persönlichen Freiheiten aufzugeben, (für die ersten Jahre vollständige) Verantwortung für ein kleines hilfloses Individuum zu übernehmen und alles weitere an alltäglichen Herausforderungen, die auf Mütter und Väter mit einem Kind zukommen – all das erscheint mir viel zu belastend und angsteinflößend, um mich doch noch umzuentscheiden, auch wenn ich könnte. Und das auch, wenn die immer wieder betonte besondere Liebe, die man als Austausch vom Kind erhält, 100-prozentig existiert. Aber für mich würde das nicht reichen.
Für Außenstehende mag eine solche Aussage nun hart und herzlos wirken, aber ich vermisse eine solche Liebe in meinem Leben nicht. Ich habe nicht den Wunsch danach, mich zu reproduzieren, ein kleines „Mini-Me“ zu kreieren. Nichtsdestotrotz glaube auch daran, dass die Liebe zwischen Mutter und Kind etwas ganz Besonderes ist (kenne ich ja insofern, dass ich auch ein Kind einer tollen Mutter bin), aber ich glaube nicht daran, dass jeder Mensch dieser Erfahrung, also die eine „Mutter“ oder ein „Vater“ zu sein, benötigt, um ein glückliches und erfülltes Leben zu führen.
Mit diesen Grundvoraussetzungen fühle ich mich jedoch in manchen Momenten einsam. Während meine Freundinnen und Freunde Hochzeiten planen oder sich längst das Ja-Wort gegeben haben, während sie teilweise bereits ein Haus ihr Eigentum nennen, in dem es ein vorbestimmtes Kinderzimmer gibt, und/oder nur noch auf einen zweiten Strich auf dem Schwangerschaftstest gewartet wird – teilweise ist dieses Ereignis auch schon über zwei Jahre und 36 Stunden Wehen her … währenddessen schaue ich bloß zu und habe das Gefühl von ihnen durch eine hauchdünne imaginäre Plexiglasscheibe getrennt zu sein.
Man sieht sie nur, wenn das Licht im richtigen Winkel auf sie trifft. Aber sie ist da und trennt mich insgeheim und ohne Mitschuld der Menschen, die ich immer noch und aus tiefstem Herzen meine Freund*Innen nenne, von denjenigen, die o.g. Leben leben. Immer wieder vergesse ich selbst das imaginäre Plexiglas, bis ich es wieder an meiner Nasenspitze fühle – ich bin dabei, aber nicht mittendrin.
Das tut weh. Das schafft eine Lücke in meinem Leben. Das bringt eine Leere mit sich, die ich momentan sehr stark an manchen Tagen spüre. Ich wünsche mir daher aus tiefstem Herzen einen Ausgleich, ein Spiegelbild, eine Freundin oder einen Freund an meiner Seite, die ähnlich empfindet wie ich, die mich einfach versteht und die mir das Gefühl gibt, nicht die einzige Person auf dieser Seite des Plexiglases zu sein.
Aber diese Person habe ich leider noch nicht gefunden und deshalb gibt es am Ende dieses Blogbeitrags auch kein „Happy End“, sondern ein hoffnungsvolles „Tob e continued“ – weil eben auch das Leben seine Zeit braucht.



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