#chronicalme: Lipödem-Update
- Jacqueline

- 23. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
Ich habe euch schon lange kein Lipödem-Update gegeben, auch wenn sich einiges auf diesem Gebiet getan hat in den letzten Monaten. Ich bin wieder in die Behandlung eingestiegen, habe eine neue Kompressionsstrumpfhose bekommen und erfolglos nach einer Physiotherapiepraxis gesucht, die noch Plätze für manuelle Lymphdrainage frei hat. Diese Form der Therapie, auf die ich eigentlich Anspruch habe, erhalte ich jedoch momentan nicht, da scheinbar ein Notstand auf diesem Gebiet herrscht – selbst in einer Großstadt wie Aachen. Auch solchen rein organisatorischen Problemen ist man – zusätzlich zu den physischen und psychischen Symptomen – sieht man sich als Lipödem-Patient*In gegenüber, welche ebenfalls noch einmal körperlich und seelisch belasten.
Aber vor allem habe ich mich dieses Jahr entschlossen, mich in einer Fachklinik zu einer Liposuktion beraten zu lassen, und ich bin stolz, sagen zu können, dass ich dies nicht nur geplant, sondern auch bereits den Beratungstermin hinter mir habe – und das auch schon seit August.
Jetzt fragt ihr euch sicherlich, warum ich erst jetzt darüber berichte und euch auch auf Instagram nicht mitgenommen habe. Immerhin tat ich das bisher eigentlich immer – sogar am Tag meiner Sterilisation habe ich dies auf Social Media geteilt. Jedoch habe ich mich in diesem Fall dazu entschieden, diesen Arztbesuch „geheim“ zu halten bzw. es nicht öffentlich zu machen. Bevor ich in die Klinik gegangen bin, wusste ich nicht, ob ich euch davon erzählen soll, weil es sich ja wirklich nur um einen reinen Beratungstermin gehandelt hat, und nach dem Beratungsgespräch war mir einfach nicht danach.

Ich war nämlich geschockt, traurig und unsicher zugleich. Ich fühlte mich hilflos und musste erstmal alles verarbeiten und überhaupt erst einmal realisieren, was die Worte des Experten überhaupt für mich und mein Leben zu bedeuten hatten. Ich wusste, dass mein Lipödem schlimmer geworden war, ich wusste, dass ich zugenommen hatte, ich wusste, dass – wenn ich mich wirklich für diese therapeutische Maßnahme entscheiden würde – es wahrscheinlich nicht weniger als zwei OPs werden würden – aber das, was dann rauskam, puuh, das hatte es in sich:
Über die Zahl auf der Waage möchte ich hier am wenigsten reden, denn sie ist einfach nur ein Hinweis darauf, was schnell diagnostiziert werden konnte: Mein Lipödem hatte sich von einer beginnenden Stufe 1 zu einem ausgeprägten Stufe 2 bis 3 -Befund entwickelt. Als der Arzt dies sagte und ich mich dort nur in Unterwäsche und bei ehrlichem Tageslicht in einem großen Spiegel betrachtete, wurde mir nahezu übel. Meine Beine sahen (und sehen auch heute noch) unglaublich krank aus, aber ich hatte es über die letzten Monate und Jahre irgendwie verdrängt.
„Ich habe ein Lipödem“, war irgendwie zu einer Floskel geworden, der semantische Inhalt war hingegen verloren gegangen und ich hatte es – trotz Schmerzen und wachsendem Beinumfang – irgendwie ausgeblendet, verdrängt, in eine Kiste gepackt und immer nur das Etikett auf dieser vorgelesen, aber nie mehr reingeschaut. Als der Arzt aber jetzt meine Mum, die mich zu diesem Termin netterweise begleitet hat, erklärte, was ein Lipödem zu haben bedeutete, machte ich in meinem Kopf an jedes Merkmal einen Haken und wusste wieder, dass ein Lipödem kein „Schönheitsmakel“, sondern eine Krankheit ist.
Mindestens 15kg dieser Krankheit haben sich mittlerweile in meinen Armen und von der Hüfte abwärts an meinen Beinen angesammelt. Hatte ich zuvor noch die leise Hoffnung gehabt, dass meine Unterschenkel und Waden noch nicht betroffen seien, wurde ich eines Besseren belehrt… um alles kranke Fettgewebe zu entfernen, sind sechs OPs notwendig. Sechs OPs, die schon an sich keine leichte Kost sind, aber vor allem sechs OPs, die ich selbst zahlen muss, wenn ich mich für sie entscheide. Jede OP kostet um die 6000 bis 7000€ - Mengenrabatt gibt es leider nicht.
Und da stehe ich nun: Krank und gerade weder mit der Aussicht, die von der Krankenkasse bezahlte und mir bereits per Rezept verschriebene konservative Therapie zu erhalten, noch mir sechs OPs mit Gesamtkosten von ca. 40 000€ leisten zu können. Wenn ich auch heute wieder darüber nachdenken, schmerzen mir nicht nur die Beine, sondern es schmerzt auch das Herz, einfach in meinem Recht auf ein - im wahrsten Sinne des Wortes – „unbeschwertes“ Leben beschnitten zu werden. Denn ein Lipödem zu haben, bedeutete jeden Tag zu kämpfen – gegen die Schwere in den Beinen, die Schmerzen und das eigene Spiegelbild.




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