Auch wenn das Lipödem für mich gerade noch etwas präsenter wirkt als meine Endometriose, ist sie doch ein täglicher Begleiter. Sie ist nicht weg und doch fühlt es sich - Menstruella sei Dank - manchmal genau so an. Und dann gibt es wieder Momente, in denen sie ganz klare und schmerzhafte Lebenszeichen von sich gibt. Ein bisschen nach dem Motto „Hallo, ich bin auch noch da". Von diesen Augenblicken (die aus einem manchmal sehr langsamen Auge stammen, jedenfalls wenn man sie an der Zeit bemisst, ide sie dauern) lasse ich mich aber nicht entmutigen, ich lebe weiter mein Leben und genieße dafür die guten Tage umso mehr. Außerdem gibt es da - wie ihr in meinen vorigen Blogartikeln zu diesem Thema - bereits erfahren habt, einige Dinge, die ich erst durch die Diagnose „Endometriose" verinnerlichen konnte. Diese möchte ich nun im letzen Teil meiner Reihe mit euch teilen.
8. Lebe jetzt!
Mit einer chronischen Krankheit (oder zweien) weiß man nie, wie die Zukunft aussehen wird. Schon morgen kann meinem Hormondiktator der Putsch drohen und ich bekomme Regelschmerzen. Aber auch aus langfristiger Sicht weiß ich nicht, ob meine Endometriose irgendwann vielleicht doch noch mal schlimmer wird und mich mehr in meinem Leben beeinträchtigen wird als jetzt. Deshalb gibt es keinen besseren Zeitpunkt als das Heute, um zu leben, um die Dinge zu machen, auf die man Lust hat. Und gerade in unserer aktuellen Zeit, in der wir mehr und mehr Gefahr laufen, gegen eine Wand zu rennen – aus ökologischer und auch wirtschaftlicher Sicht – ist es wichtig, zwar noch Träume für die Zukunft zu haben, aber Pläne jetzt zu leben.
9. Ich akzeptiere mich, wie ich bin!
Die Diagnose „Endometriose“ und damit auch das Etikett „chronisch-krank“ zu bekommen, ist nicht einfach. Ich habe erst nach einem halben Jahr wirklich realisiert, was das für mich bedeutet. Ich habe dann sicherlich noch ein weiteres halbes Jahr gebraucht, damit Endometriose ein Teil von mir werden konnte, das ich akzeptiere – und das wirklich aus tiefster Seele. Denn es ist nicht einfach, anzuerkennen, dass der eigene Körper eine gewisse „Anomalie“ vorweist, die einem im Leben und im generellen Sein beeinträchtigt. Gefühlt habe ich mir meine Erkrankung in den ersten Monaten immer angesehen (ähnlich wie jetzt auch mein Lipödem), jedes Mal wenn ich in den Spiegel schaute, sah ich förmlich, dass mit mir etwas nicht stimmte. Doch irgendwann kam der Moment, in dem ich meine Endo nicht mehr als „Makel“ gesehen habe. Ich habe sie anerkannt als Teil von mir ohne, dass sie mich zu einem anderen Menschen macht: Ich bin immer noch ich - genauso liebenswert, chaotisch, vorlaut und kreativ wie vorher. Und ich bin keinesfalls nur meine Endometriose. In diesem Zusammenhang habe ich dann auch gelernt, mit anderen vermeintlichen „Makeln“ besser umzugehen: Ob es die Cellulite ist, der Pickel oder der Lippenherpes, die von selbst verschwinden werden oder die OP-Narben – ich bin cool damit, weil ich verstanden habe, das all dies nicht den Wert eines Menschen bestimmt.
10. Es ist alles eine Frage der Einstellung!
Ich glaube, ich habe nie in meinem Leben Glück so empfunden, wie ich es jetzt tue. Ich habe nämlich angefangen, die kleinen Dinge zu schätzen. Die Tage, an denen es mir gut geht. Die Erleichterung nicht mehr jeden Morgen die Pille nehmen zu müssen, sondern jetzt den Verhütungsring einfach drei Wochen zu tragen. Die Momente, wenn ich aus der Praxis rausgehe und der Frauenarzt mir gesagt hat, dass alles super gut da unten aussieht. Der Sonnenschein, der morgens durch mein Fenster fällt und mir einen neuen Tag ankündigt, an dem ich einfach leben kann wie jeder andere Mensch auch. Natürlich könnte ich auch den Kopf in den Sand stecken, mich vorm nächsten Hereinbrechen meiner Periode fürchten oder vorm nächsten Frauenarztbesuch. Ich könnte neidisch auf das Steak vom Nachbartisch gucken und mich ständig meiner Entbehrungen erinnern, dass ich nicht während meiner Periode Schwimmen, Mountainbiken, Joggen gehen kann wie die Mädchen in der Tamponwerbung. Ich könnte immer einen Flunsch ziehen, weil ich ja noch „so jung“ und schon „so krank“ bin (nein, ich nehme das nicht so wahr, aber manche Leute dramatisieren das in diese Richtung. Trotzdem muss man Endometriose aber ernstnehmen – gerade bei Patientinnen, bei denen die Beschwerden noch stärker ausgebildet sind als bei mir!). Aber ich habe einfach gemerkt, dass mit das nichts bringt. So habe ich dann auch begonnen, andere Dinge nicht immer nur von ihren negativen Seiten zu sehen, sondern immer zuversuchen, das Gute im objektiv Schelchtem zu suchen – und tatsächlich werde ich in vielerlei, auf den ersten Blick blöden Geschehnissen oder Dingen tatsächlich fündig. Ich habe da selbst lange nicht dran geglaubt, dass „die Dinge positiv zu sehen“ so das Leben verändern und vor allem verbessern kann, aber probiert es aus, es verändert wirklich einiges, wenn nicht sogar alles!
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