Ich beschäftige mich jetzt seit einem halben Jahr mit der Nachhaltigkeitsthematik und muss gestehen, dass ich nach anfänglichen, euphorischen Schritten mich mittlerweile in einer – nennen wir es mal – „Krise“ befinde. Für mich war es zunächst kein Problem, kleine Dinge zu ändern, wie z. B. von Flüssig- auf Stückseife umzusteigen. Das hat mir nicht viel abverlangt – naja, vielleicht bis auf die Einsicht, dass farbenfrohe Seifenstücke zwar ein bisschen „Pepp“ in mein weißes Badezimmer bringen, aber leider auch den „bunten“ Tod für mein weißes Waschbeckens bedeuten. Also kleiner Tipp am Rande: Kauft weiße Seife, wenn ihr ein weißes Spülbecken habt! Nun aber ist es mit dem Wechsel von Flüssig- auf feste Seife natürlich nicht getan; in meinem letzten Update habe ich euch ja schon von meinen eher deprimierenden Erlebnissen mit dekorativer Naturkosmetik erzählt. In diesen eher „bewölkten“ Erfahrungshorizont reiht sich u. a. (neben durchaus positiven Erfahrungen mit Zahnpasta, Körperpeeling und Gesichtspflege) meine Konfrontation mit naturkosmetischen Haarprodukten ein. Meine Haarstruktur ist ja – wie bereits in einem anderen Blogbeitrag beschrieben – sehr speziell und selbst mit „normalen“ Produkten ohne Anspruch an Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit schwer zu bändigen. Aber mit Naturkosmetik ist dies – nicht nur quasi - sondern eigentlich vollkommen unmöglich. Meine Haare sahen nach der Verwendung von einem naturkosmetischen Shampoo und einem dazugehörigen Conditioner aus wie ein sprödes Vogelnest; ich hatte tatsächlich Angst, dass auf dem Weg zur Uni, plötzlich eine Taube sich dazu entscheiden würde, darin zu nisten. Ich glaube, ihr versteht, dass ich auf diesem Gebiet der Körperpflege auch Abstand von Naturkosmetik genommen habe.
Für alle, denen es genauso geht, habe ich aber hier noch einen Tipp, der mir hilft, trotzdem einigermaßen nachhaltig einzukaufen: Benutzt Codecheck – das ist eine App, die ihr kostenlos runterladen könnt und die für euch die einzelnen Produkte u. a. auf Palmöl, Mikroplastik, tierische und auch gesundheitlich- bedenkliche Inhaltsstoffe prüft. Somit schützt ihr nicht nur die Umwelt, sondern auch euch selbst. (In diesem Zusammenhang noch ein weiterer Hinweis: Checkt auch Naturkosmetik oder angeblich umweltfreundliche Reinigungsmittel – ich war an mancher Stelle geschockt, was auch in diesen Produkten noch an Schadstoffen drin sind!)
Aber die eigentliche „Krise“, die ich habe, hat weniger was mit Drogerie- und Kosmetikprodukten zu tun, sondern mehr mit dem Lebensmitteleinkauf. Es ist eine Krise, die sich vor allem aus einem Spannungsverhältnis ergibt, das der ein oder andere vielleicht nachvollziehen kann: Einerseits möchte man nachhaltig leben, weniger Plastik kaufen und sich möglichst regional und saisonal ernähren; andererseits will man aber auch nicht in drei verschiedene Läden laufen, sechs Beutel, vier Gläser und zwei Tupperdosen quer durch die Stadt schleppen und am Ende doch feststellen, dass man unverpackt keine Chips erhält. Kurz gesagt, ich bin manchmal zu „faul“ und auch zu „bequem“, um nach einem langen Uni-Tag oder nach der Arbeit noch eine Einkaufsodyssee hinter mich zu bringen. Und das, auch wenn wir jetzt in Aachen seit März einen tollen Unverpackt-Laden besitzen, diverse Bioläden, die vieles lose anbieten, hier zu finden sind, sowie zweimal die Woche ein Markt mit saisonalen und regionalen Produkten lockt. Aber ich muss gestehen, dass ich hauptsächlich doch im Discounter meines Vertrauens einkaufen gehe. Hier versuche ich zwar auch immer zur unverpackten Alternative zu greifen, aber vieles gibt es eben nur im zelofanösen Plastikkleid. In diesem Zusammenhang habe ich mir schon oft die Frage gestellt „Muss ich mich jetzt deshalb schlecht fühlen?“ und bin zu einer Antwort gelangt, die nicht als Rechtfertigung gedacht ist, die mein Verhalten nicht schön reden soll und kann, die aber einfach ehrlich ist: Ich bin der Meinung, dass ein nachhaltigeres Leben nicht auf Kosten des eigenen Wohlbefindens gehen soll und, dass „Perfektion“ hier (wie an vieler Stelle) nicht der richtige Maßstab ist. Ich denke, dass es wichtig ist, eben nachhaltig nachhaltig zu leben; d. h. sich nicht zu stressen, keine Dinge zu tun, die einem lästig und unbequem erscheinen, denn ansonsten hat das alles keinen wirklich dauerhaften Sinn. Ich denke, ein jeder sollte seine Komfortzone bei dem Thema „Nachhaltigkeit“ oder auch „Zero-Waste“ abstecken können und für sich entscheiden, wann er die erweitert. Für mich z. B. ist es kein Problem, sondern ganz klar ein (finanzieller) Gewinn, nur noch gebrauchte Bücher zu kaufen, auf Kleidertauschpartys zu gehen und mich größtenteils vegetarisch zu ernähren. Hier bedeutet Nachhaltigkeit für mich keinen Mehraufwand, keine Einschränkung und keine zusätzliche „Belastung“. Deshalb mache ich es gerne, deshalb werde ich es auch noch in einem Monat gerne machen und vielleicht, vielleicht werde ich in Zukunft auch dafür bereit sein, mehr Zeit ins Einkaufen zu investieren – aber eben noch nicht heute und das ist okay!
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