Seit ein paar Tagen überlege ich, ob ich meine Haare abschneiden lasse. Nicht super kurz, aber so, dass sie mir im gelockten Zustand nur noch bis zu den Schultern reichen. Keine große Veränderung und doch, wenn ich ehrlich bin, habe ich ein bisschen Bammel vor der Sache. Aber ich glaube, das ist mit Veränderungen so. Die meisten Menschen gehören eben doch zu der Sorte Gewohnheitstier und so geht es definitiv auch mir.
So ist es z.B. jedes Mal fast ein kleiner Weltuntergang, wenn ich eine Serie zu Ende geguckt habe. Letzte Folge, Abspann und dann zeigt mir Amazon Video auf einmal in der unteren, rechten Ecke keine neue Folge mehr an und ich stehe an einem winzigen Wendepunkt in meinem Leben: Was soll ich jetzt gucken? Worauf soll ich mich nach einem harten Uni- oder Arbeitstag freuen? Wie soll mein Leben jetzt weitergehen, ohne dass mich diese Seriencharaktere auf meinem Weg begleiten?
Ähnlich geht es mir u.a. auch, wenn eines meiner Favoritenprodukte plötzlich in keiner Drogerie mehr auffindbar ist. In solchen Momenten ist es mir dann vollkommen unverständlich, wie dieses, von mir auserkorene Premiumprodukt aus dem Sortiment geworfen werden konnte und ein stummes Warum nur? schleicht sich auf meine Lippen.
All dies sind Situationen, in denen Veränderung ansteht. Während erstere noch aus Eigeninitiative angeregt wird, sind es bei Beispiel zwei und drei die Widrigkeiten äußerer Umstände, die einen zum Umdenken zwingen. Letztere Art Veränderungen erscheinen ganz oft zunächst als etwas Negatives, sie verursachen im ersten Moment (bei mir jedenfalls) Bauchschmerzen. Man hält sich doch allzu gern an Routinen fest, schmiedet Pläne und Eisen fürs Feuer und strebt in manchen Dingen vielleicht sogar nach einem gewissen Perfektionismus. All das wird natürlich mit Veränderung in Gefahr gebracht, jene Beständigkeit gerät ins Wanken. Auch wenn der meiste Wandel im Leben nur minimal ist, keine 180Grad- Wende oder existentiell lebensverändernd, sorgt er doch dafür, dass manches Festgesetzte und Geplante nicht mehr so umsetzbar ist, wie gedacht. Zunächst erscheint diese Tatsache einem vielleicht unbequem und unnötig komplizierend, doch bei näherem Überlegen fällt auf, dass genau diese Eigenschaft von Wandel auch eine Chance sein kann.
Wandel ist nämlich etwas, an dem wir wachsen können. Er bringt uns in Situationen, die wir nicht kennen. Er zeigt uns neue Seiten an der Welt und auch an uns … und er sorgt eben dafür, dass wir über den Tellerrand hinausschauen müssen und somit wiederrum dafür, dass wir Unbekanntes, das uns vielleicht sonst für immer verborgen geblieben wäre, doch noch entdecken dürfen.
Eine solche Entdeckung muss natürlich nicht immer Amerika oder das Feuer sein. Es handelt sich hierbei meistens um etwas scheinbar Unbedeutendes, wie eben eine neue Serie oder ein anderes Pflegeprodukt. Veränderungen -besonders so kleine- müssen also das Leben nicht zwingend komplett verändern, aber sie können es:
die frisch entdeckte Serie führt vielleicht dazu, dass man sich plötzlich mit einem bisher scheinbar unwichtigen Thema auseinandersetzt, sich darüber informiert und neue Perspektiven auf einen Sachverhalt oder sich selbst gewinnt…oder einfach auch nur dazu, dass die Abendroutine etwas abwechslungsreicher gestaltet wird.
Die Chancen eines neuen Pflegeproduktes liegen einerseits darin, positiv oder auch negativ zu überraschen. Andererseits bietet ein Umstieg auf ein anderes Produkt auch die Gelegenheit, sich vielleicht mehr mit dem Gegenstand an sich auseinanderzusetzen. Ich z.B. versuche mittlerweile, all meine aufgebrauchte Kosmetik möglichst durch eine nachhaltigere Alternative zu ersetzen. Ich achte hierbei nun mehr auf Inhaltsstoffe, Plastikmüll und Nachhaltigkeit. Dies ist im Übrigen eine Veränderung, die wieder aus Eigeninitiative entstanden ist und für mich dadurch schon viel positiver erscheint, als eine von außen erzwungene. Ich habe mich nämlich aktiv dafür entschieden, der Wunsch nach Veränderung kam also aus mir selbst und treibt mich nun in meinem Tun zusätzlich an. Es ändert etwas in meinem Lebenskosmos, darüber hinaus vielleicht auch etwas in der Welt dort draußen ... bzw. eigentlich ändert es ganz sicher etwas, denn dreht sich auch nur ein Rädchen im System anders, sorgt dies eigentlich zwingend für eine Veränderung im Ganzen.
Deshalb ist dies hier ein kleines Plädoyer für Veränderung, denn ohne Wandel und Metamorphosen würde es keine Innovationen und neue Initiativen geben. Es würde sich nichts in der Welt verändern: Der Mensch würde in einem Hamsterrad laufen, jeden Tag nur Erbsen, Kartoffeln und Kotelett essen, zehn Mal das gleiche Outfit im Schrank hängen haben (das er übrigens schon seit Kindheit trägt) und jeden Tag, das Gleiche tun.
Das ist eine Welt, in der wohl keiner leben mag, denn in einer solchen hat keiner auch nur irgendeine Wahl. Deshalb:
beschreitet unbekannte Wege, lernt euch selbst immer wieder aufs Neue kennen und schaut über den Tellerrand hinaus, denn Veränderung und Wandel sind die einzigen Möglichkeiten der Weiterentwicklung und Genese von Neuem. Sie sorgen dafür, dass ihr mehr erleben dürft, als ihr bereits erlebt habt und dafür, dass ihr Grenzen einreißt, die euch zuvor als unüberschreitbar erschienen. Man weiß zwar nie genau, was hinter einem Wandel steckt, wenn man ihn noch nicht durchgemacht hat, aber genau das sollte doch eigentlich unsere Neugierde wecken. Denn wer weiß, vielleicht machen kürzere Haare ja alles besser?
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