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Ich bin True-Crime Fan, natürlich können andere gefahrlos Kritik an mir üben. Ich kann sie eigentlich immer schnell beseitigen.
Ich bin True-Crime Fan, natürlich kann ich nur theoretisch den perfekten Mord planen.
Ich bin True-Crime Fan, natürlich habe ich schonmal einen Test gemacht, ob eine Serienkillerin in mir steckt.
Ich bin True-Crime Fan, natürlich faszinieren mich nicht die Verbrechen, sondern ich informiere mich auf diese Art über das Weltgeschehen.
Ich bin True-Crime Fan, natürlich höre ich Podcasts mit diesem Thema nicht zum Einschlafen, weil sie mich irgendwie beruhigen. Das wäre ja creepy.
Ich bin True-Crime Fan, natürlich habe ich mit meinen Ex-Freunden ein geerdetes Verhältnis. All unsere Differenzen sind friedlich begraben.
Ich bin True-Crime Fan, natürlich checke ich nicht jede Person, welche ich neu kennenlerne, auf Psychopath*innen-Merkmale.
… und damit herzlich Willkommen im Hirn eines True-Crime-Fans wie mir, die mittlerweile eine richtige Obsession entwickelt hat für Podcasts dieses Genres. Aber auch nur für Podcasts, denn ich muss ehrlich gestehen, sobald es visuell wird, bin ich raus. Ich weiß nicht, wieso. Aber wenn mir nur jemand in allen detailreichen Einzelheiten davon erzählt, wie eine Person gefoltert oder getötet wird, passiert bei mir im Gehirn irgendwie gar nichts. Sobald dies aber gezeigt oder nur mit verschwommenen Bildern untermalt wird, bin ich raus. Was auch dafür sorgt, dass ich nicht wie viele andere True-Crime-Vernarrte auch ein Fan von Horrorfilmen oder Thrillern bin. Ganz im Gegenteil: Da bin ich sehr zart besaitet. Meinen ersten und letzten Horrorfilm, den ich im Kino gesehen habe und der noch niemals richtig gruselig war, habe ich damit verbracht, meine Nachos mit voller Konzentration anzustarren, wenn ich nicht gerade die Augen zu hatte und nebenbei mir zu überlegen, wie ich mir unauffällig die Ohren zuhalten könne.
Meine Begeisterung für True-Crime-Podcasts wirkt somit fast wie ein Fremdkörper in meiner Persönlichkeit. Unerklärlich und mysteriös fristet diese Leidenschaft also ihr Da-Sein in meinem Leben. Denn ich bin auch nicht die Person, die ihre Obsession damit begründet, dass sie sich mit dem Hören von Verbrechensgeschichten nur schützen möchte, um nicht selbst zum Opfer der nächsten Podcastfolge zu werden. Dafür höre ich auch viel zu oft historische True-Crime-Fälle und hier in Europa ist es wohl eher unwahrscheinlich, als dass man mich nochmal der Hexerei als strafrechtlich-verfolgbares Delikt bezichtigen oder hinrichten kann, weil ich eine Königin bin, die den hungernden Massen sagt: „Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie doch Kuchen essen.“ (Was übrigens Marie-Antoinette auch niemals verlauten lassen hat, das ist einfach nur eine üble Nachrede.)
Insbesondere letzterer Kausalzusammenhang ist wissenschaftlich gesehen auch aus dem Zusammenhang gerissen, aber das sollte einfach zu Pointierung meiner Aussage dienen, die – wenn ich jetzt so nachträglich drüber schaue – gar nicht mal so aussagekräftig ist. Und das ist auch das Problem. Ich kann keine fundierte Aussage darüber machen, was mich an True-Crime fasziniert. Vielleicht will ich darüber auch gar nicht so wirklich sprechen, weil’s dann doch sehr unheroische und unintellektuelle Gründe sind und ich da fast schon einem primitiven Interesse an „Sex and Crime“ folge. Dies beinhaltet einfach die beinahe kindliche anmutende Freude an Geschichten mit einem gelungenen Spannungsbogen, Bösewichten und einem hoffentlichen „Happy End“, soweit dies unter jenen Umständen überhaupt möglich ist. Und zur Rettung meiner geistigen Ehre als Wissenschaftlerin kann ich auch noch anführen, dass insbesondere die psychologischen Hintergründe der Verbrechen, die auf Sozialisation, psychische Befindlichkeiten des Täters sowie seine aktuelle Lebenssituation zurückgehen, auch immer wieder im Mittelpunkt meines Interesses stehen. Speziell bei historischen Kriminalfällen kann eine solche Analyse auch Einblicke in die Mentalität, Welt- und Selbstwahrnehmung der Menschen der jeweiligen Epoche geben und das befriedigt dann auch den Teil von mir, der sich bereits immer mehr mit einer Sozialhistorikerin identifiziert. Aber trotz all dieses Geschwafels über psychologische Täterprofile und Geschichtsbewusstsein überwiegt doch die Faszination des Schrecklichen und auch irgendwie ein gewisser Voyeurismus – und ich glaube, dass ich da nicht die Einzige bin. Vielleicht die Einzige, die es so offen zugibt, aber ganz sicher nicht die Einzige, welche aus diesem Gründen True-Crime-Podcasts konsumiert. Und ich glaube, das ist auch irgendwie menschlich – vielleicht eine menschliche Schwäche, aber eben menschlich und nichts, wofür man sich schämen muss.
Deshalb empfehle ich auch an dieser Stelle vollkommen schambefreit meine drei Lieblings-True-Crime-Prodcasts – zwei historische und ein sehr skurriler:
Verbrechen der Vergangenheit von Geo-Epoche
Früher war mehr Verbrechen mit Nina und Katharina (Archäologinnen für Ur- und Frühgeschichte)
Weird Crimes – mit Visa Vie und Ines Anioli
Vielen Dank für den Beitrag und die Links. Ich bin auch ein Fan von historischen Kriminalfällen und empfehle folgende Bücher :
Mord im Hause Habsburg
Sex and Crime auf Königsthronen