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AutorenbildJacqueline

#kri-me: Ein Germanistenkrimi Kapitel 5.2/ Kapitel 6.1

„ … das Einzige, was wir sicher wissen, ist, dass Lina das letzte Mal von ihrer besten Freundin gesehen worden ist und das gestern Morgen, hier in der Bibliothek“, beendete Pia ihr Ausführungen. Sie hatte Paul noch einmal den ganzen Fall umrissen, hatte gehofft, dadurch weiterzukommen, aber sie schien sich getäuscht zu haben. „Sie ist hier in diesem Lernraum, in dem wir gerade sitzen, verschwunden“, Pias Blick fuhr suchend zum gefühlt hundertsten Mal an den Büchern in den Regalen entlang, als würde sich hinter einem dieser Schränke eine Geheimtür verbergen. „Keiner hat sie danach mehr gesehen, wie kann das denn nur sein, dass sie keiner mehr gesehen hat?“, fragte Pia mehr die abgewetzten Wände um sie herum, als sich selbst oder Paul und dann hielt sie plötzlich Inne, „Keiner hat sie mehr gesehen, Paul, das ist der Punkt“. Paul schreckte auf, er hatte jetzt sicher eine Stunde diesen Vers angestarrt, die Buchstaben hatten sich aber weder bewegt, noch war ihm ein Einfall gekommen. Jetzt war er aber ganz Ohr, was Pia zu sagen hatte. „Keiner hat sie mehr außerhalb des Lernraums gesehen, jedenfalls hat sich keiner gemeldet, also gehen wir jetzt einfach mal davon aus, dass das stimmt“, fuhr Pia fort und blickte ihren Gegenüber fest an, „dann hat sie auch nicht das Gebäude verlassen … es muss schnell gegangen sein … sie ist vielleicht noch hier!?“. Paul blickte bei den letzten Worten der Kommissarin auf. „Ja, alles dreht sich um die Bibliothek, um die Bücher hier“, stimmte Paul zu und tippte auf den Vers, „Der Schlüssel im Fisch, der Schlüssel im Magen des Fischs. Der Fisch ist die Bibliothek, der Magen ein Raum hier und Lina der Schlüssel … der Schlüssel zu Buße und Reue.“ „Und die Versnummer ist die Raumnummer“, folgerte die Kommissarin, wie als wäre es das einfachste Rätsel der Welt gewesen. Ein Lächeln zeigte sich auf ihren Lippen, doch dieses erlosch einen Wimpernschlag später. „Einen Raum 3295 gibt es hier aber nicht, oder?“. „Nein…“, Paul schüttelte den Kopf, „aber vielleicht…“. „Aber vielleicht was?“, drängte Pia ihn. „Aber vielleicht einen Raum 316, also, wenn man die Drei vorne stehen lässt und die Quersumme aus den beiden hinteren Zahlen nimmt, dann…“. „Dann kommt 316 raus!“, vollendete Pia Pauls Gedankengang, bevor sie im nächsten Moment beide aufsprangen und zwei Stufen auf- einmal- nehmend die Treppe hochrannten.

hmm, also ich finde, mein Krimi würde sich gut als gebundenes Buch machen :D

Kapitel 6

Man hatte sie aufs Revier gebracht, seit ungefähr einer Stunde saß sie jetzt schon in einem der Verhörzimmer. Der Kaffee, in dem Pappbecher vor ihr, war bereits kalt. Sie hatte ihn nicht angerührt, sie wollte einfach nur fort von hier und doch nicht fort, weil überall anders könnte ER lauern. Wenn das alles vorbei sein sollte, schwor sie sich, würde sie auswandern. Irgendwohin, wo sie keiner kennt. An einen friedvollen Ort, einen Ort ohne IHN, wo ER sie niemals finden könnte. Es war einfach zu leichtsinnig gewesen, nach Aachen zurückzukehren. Warum war sie nur diesem Jobangebot gefolgt? Sie hatte von Anfang an ein ungutes Gefühl gehabt. „Frau Heineken?“, die Tür ging plötzlich auf und ein Polizist kam herein, er lächelte ihr aufmunternd zu, doch sie blieb stumm und blickte ihn nur mit großen, leeren Augen an. „Wir haben ihn“, fuhr er fort. „Sie haben Ihn?“, ihre Stimme zitterte und der Beamte nickte ihr zuversichtlich zu, „Was passiert nun mit ihm?“. Sie konnte es kaum glauben, war es nun wirklich vorbei? „Er ist tot, Frau Heineken“, erklärte ihr der Mann in der blauen Uniform. „Tot“, wiederholte sie mit tonloser Stimme. „Ja, er hat sich in seinem Schrebergartenhaus erhängt“, antwortete der Polizist und reichte ihr dann ein Blattpapier in einer Folie, „Diesen Brief hat er für Sie zurückgelassen, wollen Sie ihn lesen?“.

-

Und tatsächlich in einer kleinen Abstellkammer, neben dem großen Seminarraum 315 in der Unibibliothek hatten Paul und Pia die vollkommen verängstigte Lina gefunden. Sie kauerte auf einem umgestülpten Putzeimer, geknebelt und gefesselt, ihr Gesicht Tränen und ihre linker Arm Blut überströmt. Der Zugang, den der Entführer ihr eingesetzt hatte, um ihr das Blut für die Botschaften abzunehmen, war bei einem Befreiungsversuch von den Fesseln verrutscht und hatte sich tiefer in Linas Arterie gebohrt. Doch mehr Verletzungen hatte die junge Frau nicht, dennoch kollabierte sie, als Paul und Pia sie aus dem dunklen Raum befreiten.

Jetzt waren gerade Sanitäter dabei, Lina zu versorgen und sie anschließend ins Krankenhaus zu bringen. Das Blaulicht verschwamm im stetigen Nieselregen, sodass es war, als würde es giftig blaue Tropfen regnen. Pia stand mit Paul im Eingang der Bibliothek unter dem Vordach, sie hatte eng die Lederjacke um sich geschlungen und er starrte derweilen nur unbeteiligt in die Nacht hinaus. Plötzlich vibrierte ihr Handy, es schien, das Erste zu sein, was Pia wieder spürte nach den Stunden in der Bibliothek. „Liebknecht“, ihre Stimme war matt am Telefon. „Hallo Pia, gute und schlechte Neuigkeiten“, meldete ihr Kollege, diesmal war es wieder derselbe, der auch den Ex-Freund von Lina besucht hatte, „Welche willst du zuerst hören?“. „Die Schlechte“, machte Pia das unangemessene Spielchen mit, weil sie einfach zu erschöpft war, um ihrem Kollegen für seine deplatzierten Kommentare, Sprüche und sonstige Äußerungen den Marsch zu blasen. Das würde sie aber nachholen, schwor sie sich, spätestens übermorgen, aber nicht bevor sie eine Nacht geschlafen und einen Kaffee getrunken hatte.

„Hm, das funktioniert irgendwie nicht, du hättest die Gute zuerst wählen sollen“, bemerkte ihr Kollege am anderen Ende der Leitung. Pia sagte darauf gar nichts, sondern wartete nur darauf, dass ihr Gesprächspartner endlich zur Sache kam. „Also, die gute Nachricht ist“, erwiderte dieser auch nach einer Weile, nachdem er wohl verstanden hatte, dass Pia nichts mehr sagen würde, „wir haben Professor Lucas in seiner Schrebergartenhütte gefunden, die Schlechte … er ist tot!“. „Wie, er ist tot?“, fragte Pia ungläubig. „Jaaa, er hat sich erhängt und noch eine Nachricht und ein paar Fußfesseln zurückgelassen, komischer Kerl!“, damit legte ihr Kollege einfach auf.

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