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#loudandproud: Heute leise und ernst zum Thema „Kinderwunsch"

Ich werde regelmäßig diskriminiert! Ich werde von Leuten diskriminiert, die höchstwahrscheinlich gar nicht wissen, dass sie genau das tun. Aber sie tun es und daran ändert auch ihre Unwissenheit nichts. Es ändert nichts daran, dass ich mich nicht ernstgenommen fühle, dass ich mich früher sogar oft nach solchen Gesprächen gefragt habe, ob vielleicht was mit mir nicht stimme. Heute stehe ich meistens über den Dingen, wenn mir z. B. unverschämtes Unverständnis entgegengebracht wird, wenn ich belächelt werde, wenn der Spruch kommt: „Warte mal ab, bis deine biologische Uhr anfängt zu ticken.“

Ihr werdet jetzt wohl ahnen, worum es geht. Es geht um das Thema „Kinderwunsch“ bzw. um meinen nicht vorhandenen Wunsch nach Kindern, der sich in den letzten Jahren einfach mehr und mehr manifestiert hat. Das heißt nicht, dass ich Kinder nicht mag, dass ich Kindern ihre Daseinsberechtigung abspreche, dass ich Kinder nicht theoretisch als Bereicherung des Lebens erachte – keineswegs, nur für mich fehlen eben gute Gründe, Mutter zu werden. Ich persönlich habe nämlich nicht das Gefühl, dass eigene Kinder mein Leben besser machen oder komplettieren würden. Kinder passen einfach nicht in meinen Lebensentwurf bzw. sind darin auch überhaupt nicht angedacht und waren es auch nie ernsthaft. Bereits als Kind habe ich schon in meinem Puppenwagen keine Babyborn durch die Weltgeschichte geschoben, sondern Plüschtiere. Mutter-Vater-Kind habe ich nie gespielt und wenn, dann war ich das Kind. Ich weiß nicht genau, ob diese Phänomene aus der Vergangenheit wirklich stringent und linear mit meiner jetzigen Haltung kongruieren, aber ich finde es trotzdem erwähnenswert. Und wie ich das hier gerade so schreibe, merke ich, dass ich erneut beginne, mich zu rechtfertigen … für eine Entscheidung, die eigentlich nur meine eigene Person etwas angeht.

Aber das sehen einige Menschen eben nicht so. Immer wieder treffe ich auf Personen, die bei dem Thema meinen, mehr über mich zu wissen, als ich es tue; besser einschätzen zu können, was gut für mich ist und der festen Überzeugung sind, dass einer jeden Frau ihre Östrogene tagtäglich ins Ohr schreien: „Pflanze dich fort, nutze was dir Gott gegeben hat und lass‘ dir ein Baby in den Bauch machen!“. Ich glaube noch niemals, dass sie das wirklich böse meinen, sie sind wahrscheinlich so erzogen worden, haben nie über diesen gesellschaftlichen Fehlschluss, eine jede Frau will Kinder, reflektiert.

„Wenn man etwas hat, muss man es auch nutzen“, das wird uns doch allen von klein auf eingetrichtert. Dieser Gedanke ist sicherlich auch nicht vollkommen falsch, aber eben nicht auf alle Gebiete des Lebens und auf die weibliche Gebärmutter anwendbar. Und seien wir doch mal ehrlich, wieviel steht ungenutzt in unseren Wohnungen rum? Wieviel verschwendetes Potenzial befindet sich in jedem von uns? Wieviel werfen wir täglich an Lebensmitteln weg? Keinen interessiert das, obwohl dies eine Art der Verschwendung ist, über die wirklich mal nachgedacht werden sollte. Stattdessen wird sich darüber der Kopf zerbrochen, warum ich meine Gebärmutter und Eierstöcke nur zum Menstruieren nutzen möchte und nicht um ein Baby darin heranwachsen zu lassen. Leute, das ist vergebene Liebesmüh und verlorene Zeit, darüber zu sinieren!

Mein Körper- meine Entscheidung!

Besonders ärgert mich aber an diesem Thema, dass die Diskriminierung, die ich in diesem Zusammenhang erfahre, geschlechterspezifisch ist. Von der Natur her gesehen haben Frau und Mann wohl den gleichen Fortpflanzungstrieb, aber wenn Männer keine Kinder wollen, wird das gesellschaftlich akzeptiert. Wenn Frauen wie ich sagen, sie möchten keine Familie gründen, wird das gesellschaftlich diagnostiziert.

Es fällt der oben bereits beschrieben Hinweis auf die berühmte „biologische Uhr“, die mir dann oftmals fast schon bildlich vor die Nase gehalten wird. Eigentlich versuche ich dieses Argument zu ignorieren, mich auf das Gespräch einfach an dieser Stelle nicht weiter einzulassen, aber manchmal platzt mir der Kragen. Denn seien wir mal ehrlich, mit der Diagnose „Endometriose“ tickt jene Uhr bei mir jetzt schon wie eine Zeitbombe. Geraten wird bei dieser Erkrankung nämlich möglichst vor dem 30. Lebensjahr an die Familienplanung zu denken, was bei mir also in den nächsten 5 Jahren der Fall wäre. Und auch generell ist Schwangerwerden so eine Sache bei Endometriose, denn dadurch, dass in Folge jener Krankheit die Eierstöcke verkleben können und das ganze Hormonsystem aus dem Gleichgewicht gebracht wird, ist oftmals auch die Fruchtbarkeit eingeschränkt. Wenn ich das dann aber meinem Gegenüber erkläre, antwortet dieser zumeist erst mit Schweigen und dann mit einem – ich denke, ernstgemeintem– mitleidigem „Das ist sicher schlimm für dich, keine Kinder bekommen zu können, aber zur Not kannst du ja immer noch adoptieren.“ Hallo? Hört mir denn keiner zu, das Gespräch fing doch eigentlich damit an, dass ich keine Kinder will!

Ein weiteres Totschlagargument, um meinen nicht-vorhandenen Kinderwunsch nicht ernstnehmen zu müssen, ist oftmals auch der Spruch: „Wenn du den richtigen Mann gefunden hast, dann willst du auch Kinder.“ Ja, der richtige Mann ist wohl einer der weitverbreitesten Mythen der Weltgeschichte, der kann nicht nur meine Meinung grundlegend ändern, sondern sogar Lesben wieder hetero machen und lässt uns alle zu glücklichen Heimchen am Herd werden, die voller mütterlicher Inbrunst und total selbstvergessen die Kinder hüten. Ja, ich weiß, dass das jetzt zynisch war, aber ich bin einfach der Ansicht, dass ein Mann niemals der Grund dafür sein sollte, dass eine Frau sich für Kinder entscheidet (und auch umgekehrt nicht, aber anderes Thema).

Denn selbst mit einem Partner an meiner Seite, den ich aufrichtig liebe, bleibt meine Entscheidung meine Entscheidung – und wenn er der Richtige ist, dann wird er diese, egal wie sie ausfällt, auch akzeptieren. Denn seien wir mal ehrlich, bei einer Schwangerschaft ist es meine Gebärmutter, die neun Monate lang Höchstleistungen vollbringt. Es ist mein Bauch, der sich aufs Zigfache seines Normalumfangs ausdehnt und ich bin es, die sich durch x Stunden Wehen kämpfen muss – auf alles Weitere zum Thema Geburt und dem, was dabei noch so mit dem weiblichen Körper geschieht, möchte ich an dieser Stelle gar nicht weiter eingehen, denn der springende Punkt ist bereits deutlich geworden: My body, my rules, my choice. Bei dieser Thematik können Männer einfach in mancher Hinsicht nicht mitreden - was von meiner Seite aus nicht diskriminierend, sondern einfach nur logisch-biologisch gemeint ist (Wenn ihr da anderer Meinung seid, lasst gerne einen Kommentar da). Und dementsprechend finde ich es umso anmaßender, dass ich insbesondere von diesem Geschlecht die dümmsten Sprüche und anmaßendsten Anfeindungen erhalte, wenn ich einfach offen dazu stehe, keine Kinder haben zu wollen. Leute, das geht so nicht!

Abschließend möchte ich demnach noch eines sagen: Geht sensibel mit dem Thema Kinderwunsch um und respektiert die Entscheidung, die eine Person in diesem Zusammenhang getroffen hat. Jeder hat nämlich seine Gründe, etwas zu tun oder auch nicht zu tun bzw. Kinder zu wollen oder auch nicht. Diese Begründungen sind so vielfältig wie die Gesichter, die hinter ihnen stehen. Sie können psychischer Natur sein, es können physische Krankheiten dahinter stecken oder auch ökologische Bedenken was eine Überbevölkerung angeht – was sie aber alle gemeinsam haben, ist ihr Anspruch darauf, ernstgenommen zu werden, also nehmt sie ernst!

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