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#loudandproud: Maskenpflicht

Achtung: Dieser Artikel kann Spuren von Zynismus, einer gewissen Hyperbolik und einer wichtigen Botschaft enthalten. Außerdem ist das Tragen einer Atemschutzmaske erforderlich.

Gefühlt hat das letzte Mal so ein kleines Stück Stoff so viel Furore gemacht, als der Triangelbikini 1946 vom Automechaniker Louis Réard entworfen worden ist – mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass das Stückchen Stoff, über das ich heute reden möchte, nicht Haut entblößt, sondern sie verdeckt. Ihr werdet euch nun spätestens denken können, worum es diesen Sonntag geht. Ich habe lange überlegt, ob ich überhaupt meinen Mundschutz bei dieser Diskussion in den Ring werfen soll, mich aber dazu entschieden, dass es in der aktuellen Lage notwendig ist, sich klar zu positionieren.

Und „klar positionieren“ sollte man hier wortwörtlich nehmen, denn sonst passiert es einem noch wie folgt: Man findet sich mir nichts dir nichts in Berlin auf einer Corona-Demo zwischen Rechtsradikalen wieder und steht dann plötzlich vor dem Bundestag – umringt von Personen, die gegen ein kleines Stückchen Stoff protestieren und das paradoxerweise mit einem zehnmal so großen Stück Stoff in der Hand, welches landläufig als „Reichsflagge“ bekannt ist.

Natürlich kann man jetzt sagen, dass auch dieses colorierte Stück Stoff in Schwarz-Weiß-Rot potenziell eine gewisse Corona-Schutzmaßnahme darstellen kann. Jedenfalls insofern, dass ich persönlich um Leute, die mit einem solchen Zeichen hausieren gehen, gerne einen großen Bogen mache und dabei zwangsläufig den Mindestabstand einhalte. Trotzdem wäre es mir angenehmer, wenn der Antrieb hinter der Einhaltung von Corona-Schutzmaßnahmen nicht auf einem Problem mit der politischen Gesinnung anderer basieren würde, sondern mit der Rücksichtnahme auf die allgemeine Gesundheit zusammenhinge.

Aber nun gut, man kann im Leben nicht alles haben – und dass diese Redewendung stimmt, sehe ich mindestens in dreifacher Ausführung täglich in der Bahn. Auf eine gewisse Art und Weise fühle ich mich dann in die 90er bzw. auch noch in meine anfängliche Schulzeit zurückversetzt, denn immer wieder habe ich das Bedürfnis, Personen darauf aufmerksam zu machen, doch bitte mal „Hochzuziehen“. Was nämlich früher die Hüfthosen waren, ist nun der Mundschutz, der in (nach-)lässiger Weise oftmals unter der Nase getragen wird. Während zu tief gerutschte Hosen jedoch nur den altbekannten, nicht 100prozentig ernstzunehmenden „Augenkrebs“ auslösen können, handelt es sich bei der aktuellen Variante jener schamlosen Freizügigkeit um eine reale Gefahr für die Gesundheit, dessen sich eigentlich jeder bewusst sein sollte.

Ich sage extra „eigentlich“, denn neben den Personen, die halbe Sachen machen, gibt es auch noch die, die vollkommen auf einen Mundschutz und damit auf die allgemeine Gesundheit pfeifen. Letzte Woche erst ist mir eines dieser Exemplare begegnet, welches sogar noch explizit beim Betreten der U-Bahn zu seiner Begleitung gesagt hat: „Nimm‘ doch den Mundschutz ab!“. Danach hat sich diese Person quasi in den bösen Blicken ihrer Mitreisenden gesonnt, während sie sich um eventuelle Mundschutzstreifen (das Äquivalent zu den allseits bekannten Bikinistreifen) aufgrund ihrer Ignoranz gegenüber Corona-Schutzmaßnahmen keine Sorgen machen musste.

Wer sich jetzt ernsthaft fragt, ob man wirklich von bösen Blicken, in denen man sich sonnt, braun werden kann, dem muss ich leider gestehen, dass ich – bevor ich jene Person fragen konnte – mir es mit dieser verscherzte. Tatsächlich habe ich sie nämlich freundlich, aber bestimmt darauf hingewiesen, dass es doch für sie und alle anderen gesünder sei, wenn sie einen Mundschutz trüge. Die Antwort, die ich darauf erhielt, war ebenso bestimmt, aber weniger freundlich: Für mich sei es gesünder, die Klappe zu halten.

Das ist tatsächlich auch im Denkansatz nicht falsch, immerhin können Corona-Viren auch durch die Mundschleimhaut in den Organismus eintreten. Vielleicht war das dementsprechend auch gar keine vollkommen unangebrachte Drohung, sondern bloß Ausdruck einer liebgemeinten Sorge, dass ich mich infizieren könnte. Trotzdem wäre der simpelste Weg, mich zu schützen, der gewesen, einfach auch eine Maske zu tragen. Netter Nebeneffekt hierbei auch noch: Keine bösen Blicke, sondern vielleicht ein nettes Lächeln im Vorbeigehen, welches man unter der Maske zwar nicht, aber in den Augen gesehen hätte.

Nun gut, kommen wir mal zum Ende, bevor mein Mundschutz im Diskussionsring noch zu schmutzig wird: Ich finde die Maskenpflicht sinnvoll, wir sollten zu unserem eigenen Schutz und zum Schutz unserer Mitmenschen uns daranhalten. Corona existiert und ist gefährlich – das ist meine Überzeugung und deshalb sind Schutzmaßnahmen wichtig und einhaltenswert, vor allem, wenn sie von uns nicht mehr verlangen, als ein Stück Stoff vor Mund UND Nase zu spannen. Das sollte doch jeder hinkriegen, immerhin erfordert das noch niemals, dass man eine Schleife binden kann oder einen Ein-Mal-Eins-Führerschein hat.

Was ich in diesem Kontext nicht abstreiten will, ist die Tatsache, dass es nicht immer „angenehm“ ist eine Maske zu tragen – vor allem wenn man sie z. B. acht Stunden auf der Arbeit im Gesicht hängen hat. Und trotzdem halten sich zehntausende Verkäuferinnen und Verkäufer, Lehrerinnen und Lehrer, Friseurinnen und Friseure da tagtäglich dran und machen uns vor, wie es geht. Nämlich ganz einfach: Maske auf, Nase drunter und dann erst in die U-Bahn steigen.

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