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AutorenbildJacqueline

#meckerecke: Highway to hell und seine Passagiere

Ich weiß nicht, wie das bei euch ist. Aber ich bin – insbesondere bei Regen oder jetzt gerade im Winter – angewiesen auf die Öffentlichen. Das heißt, Bus- und Bahnfahrten nehmen einen mehr oder minder großen Platz in meinem Leben ein: Weniger als andere Tätigkeiten, aber mehr Platz als ich in einem vollen Bus zu den all-nachmittäglichen Stoßzeiten habe, wenn also ganz Aachen gefühlt auf dem Weg nach Hause ist. U. a. auch die schwerbeschäftigten hippen Großstadtmütter, die genau dann in Dreiergruppen sich unter die Pendler drängen, weil sie morgens im Spa und mittags bei Dean und David essen waren und dadurch keine Zeit hatten, früher oder später mit ihren Babys spazieren zu gehen. Pünktlich um 16 Uhr schieben diese dann ihre Luxuskinderwagen mit dem schreienden Nachwuchs alle anderen ignorierend in den überfüllten Bus, und erwarten, dass man für sie Platz macht. Außerdem interessieren sie sich eine feuchte Babywindel dafür, dass ihr Nachwuchs samt Fahrgestell mindestens fünf armen Arbeitnehmern, die gestresst aus dem Büro kommen und vielleicht auch grad noch dringend auf Klo müssen, die Chance nehmen, mit in den Bus zu passen. Und das obwohl der Kinderwagen, den die hippen Großstadtmütter da im Bus parken, genauso viel kostet wie ein Kleinwagen, in dem sie jedoch komfortabler und umweltfreundlicher in Bezug auf ihre Mitmenschen von A nach B kommen würden.

Nun gut, diese Erscheinung kennt wohl jeder, der mal mit dem Bus gefahren ist. Was ich aber in den letzten Wochen so an Fahrgästen erlebt habe, das ist wirklich bemerkenswert. Einen Nachmittag z. B. steige ich in den ASEAG- Rennwagen. (Zu dieser etwas verwirrenden Bezeichnung für „Bus“ vielleicht noch die kleine Anmerkung für Nicht-Aachener: Unser Linienbusunternehmen hier in der Kaiserstadt ist berühmt- berüchtigt dafür, dass es scheinbar jedem Lebensmüden oder ausrangiertem Formel-1-Fahrer einen Job anbietet. Diese caritative Arbeit hat dementsprechend Auswirkungen auf den Fahrstil, der irgendwo zwischen GTA und Kamikaze-Kommando liegt.) Gut, also ich steige also in den Rennwagen und mir schallt aus der letzten Reihe, also da, wo immer die coolen Kids sitzen (diese „coolen Kids“ waren vielleicht so um die 13), erstmal „Gib’s mit doggy“ entgegen. Ein „Song“ von einer gewissen Youtuberin, die wahrscheinlich die meisten kennen, deren Namen ich aber nicht schreiben kann und die ich auch nicht dafür googlen möchte. „Kinder sind unsere Zukunft“, haben sie gesagt. „Unsere Zukunft geht anscheinend im wahrsten Sinne des Wortes vor die Hunde“, war das einzige, was ich in diesem Moment dazu noch zu sagen hatte. Meine Busfahrt ging zwar nur vier Stationen, aber bei dem vorherrschenden Nachmittagsverkehr dauerte es so lange, dass ich auch noch einen zweiten Song derselben Interpretin hören durfte. Als ich dann endlich ausstieg, hatte ich keine dicken Lippen, aber dafür einen umso dickeren Hals und den Gedanken, dass ich meine Rente in den Wind blasen könne.

Ich, an der Bushaltestelle, während ich mich frage, was heute tolles passieren wird!

Eine weitere seltsame Begegnung hatte ich dann eine Woche später, diesmal auf dem Rückweg von der Uni. Auf einmal vernahm ich ein Klacken hinter mir, so ein Klacken wie man es hört, wenn man mit einem Knipser einen Draht abknipst oder seine Fingernägel. Letzteres war dann auch tatsächlich der Fall: Hinter mir saß eine Frau mittleren Alters, die sich in aller Ruhe im vollen Bus die Nägel knipste. Diese flogen dementsprechend nur minder appetitlich durch den Innenraum. Eine Floskel wie „Ich fahr mir mal eben die Nägel machen“ bekam in diesem Zusammenhang eine ganz neue Bedeutung. Ich musste wirklich zweimal hinsehen – und riskierte dabei mein Augenlicht zerstören zu lassen durch einen umherfliegenden Nagelsplitter–, um wirklich zu glauben, was da gerade passierte. Ich war geschockt und angewidert und im Endeffekt froh, dass ich die nächste Haltestelle schon aussteigen konnte– wer weiß, ob nicht gleich auch noch eine Pediküre- Session anstand. (An dieser Stelle der Hinweis an alle Betreiber des öffentlichen Nahverkehrs: Überlegt vielleicht mal dem „Essen und Trinken verboten“-Schild auch eines hinzuzufügen, dass darauf hinweist, dass auch Mani- wie Pediküre während der Fahrt nicht erlaubt sind!)

Das letzte unerfreuliche Erlebnis hatte ich dann in derselben Woche, diesmal wieder auf dem Heimweg, aber am Wochenende. Ich saß nichtsahnend im Bus (diesmal auch als „cooles Kid“ hinten in der letzten Reihe) und es stieg ein Mann mit einer Bierflasche ein, der sich neben mich setzte. Schon beim Betreten des Busses hatte der Passagier einen unheimlichen körperlichen Elan an den Tag gelegt, er schwang sich wie Magic Mike mit einer Hand an der Haltestange in ausladendem Bogen auf den Rücksitz – diesmal aber noch mit der Bierflasche in der Hand. Zum Aussteigen machte er den gleichen Move, schwang sich also voller jugendlicher Kraft aus dem Sitz, aber nun mit der Bierflasche in der Westentasche. Ich glaube, man muss nicht Physik studiert haben, um zu erahnen, was dann passierte: Flasche in Schräglage, Schwungkraft, flüssiger Inhalt gerät in Bewegung. Das Endergebnis war also, dass mir ein ganzer „Schwapp“ Bier auf dem Schoß landete und der Verursacher, als ich aufschrie, mich nur unverständig anguckte- Physik war wohl im Gegensatz zu Poledance nicht so seine Stärke.

Egal, er stieg aus, der Bus fuhr weiter, meine Hose war voll Bier und meine Nase hatte ich auch gestrichen voll- wie gut, dass die nächste Station meine war.

In Folge dieser Ereignisse habe ich mich dann gefragt, warum solche Leute eigentlich Bus fahren müssen. Die Antwort, die ich darauf fand, war simpel: Weil kein Mensch diese in seinem Auto mitnehmen würde! Mit dieser Erleuchtung entlasse ich euch jetzt in die Woche und vielleicht auch in den öffentlichen Nah(-Kampf-)Verkehr!

119 Ansichten2 Kommentare

2 Comments


Jacqueline
Jacqueline
Feb 18, 2019

Liebe Lisa, mein Artikel ist ähnlich überspitzt wie dein Kommentar ;)

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Lisa A.
Feb 17, 2019

Nur kurz fürs Verständnis: du bist also der Meinung, der gestresste Arbeitnehmer, der nach einem unendlich anstrengenden Arbeitstag (wie anstrengend und stressig er doch gewesen sein muss, wenn er schon um 16 Uhr zuende ist!) auf der Heimfahrt im Bus ein bisschen Pipi muss, hat ein größeres Anrecht auf den Platz im Bus als die Mutter, die mit ihrem Kinderwagen im Bus fährt, statt im neumodischen Stile der Helikopter-Mutter die Straßen mit ihrem SUV zu verstopfen und verpesten? Habe ich die "Vorsicht, Satire!"-Markierung nur überlesen, oder meinst du das, was du da oben vom Stapel gelassen hast, tatsächlich ernst?

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