Es ist tatsächlich mein erstes Mal und ich muss zugeben, ein bisschen nervös bin ich schon. Es ist ja nicht so, als hätte ich nicht letztes Jahr schon ein paar Erfahrungen damit gemacht und auch in längst verblasster Vergangenheit, aber ich muss gestehen, genau so habe ich es noch nie gemacht. Vor allem nicht so lange, nicht so intensiv. Demnach finde ich es irgendwie verständlich, dass ich da noch ein bisschen unsicher bin. Immerhin nach ersten, zarten Annäherungsversuchen, gebe ich mir jetzt direkt die Extended Edition. Ich bin froh, dass ich begleitet werde von Menschen, die das schon öfter gemacht haben, sich damit auskennen, auf diesem Gebiet schon Profis sind – allein würde ich mir den Kölner Karneval nämlich nicht zutrauen.
Ja, es ist so weit, mein erster Karneval in meiner neuen Heimat steht an und heute (Mittwoch) bin ich doch noch etwas skeptisch, was mich da von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch erwartet. Sonntag, wenn der Blogpost erscheint, bin ich hoffentlich schon etwas schlauer und vielleicht auch etwas abgehärtet, was das Karnevalisieren angeht. Nichtsdestotrotz habe ich ein leicht flaues Gefühl im Magen, was aber auch daher rühren kann, dass ich gerade daran denke, morgen früh mit einem Bier in den Tag zu starten (Sektfrühstück wäre mir ehrlich gesagt lieber). Aber nun gut, was tut man nicht alles für deutsches Kulturgut? Da trinkt man auch mal Gerstensaft statt Hafermilch zum Frühstück – Getreidesud bleibt Getreidesud.
Aber auch was die Kostümierung angeht, bin ich noch nicht ganz so into the game. Verkleiden mochte ich so als 10-Jährige, heutzutage sehe ich das … nunja … distanzierter. Ich weiß, das ist nur mein persönliches Problem. Anderen Menschen geht es diesbezüglich nicht so; regelmäßig sehe ich Personen in der U-Bahn, die scheinbar jeden Tag der Verkleidungskunst frönen – fernab jeglicher Festivität. Aber meins ist Verkleiden eben nicht so, ich trage dann doch lieber meine Alltagsoutfits statt das Piratenhütchen.
Aber wer weiß – vielleicht stimmen mich die folgenden Tage voll bunter Kostümierungen und einem gewissen Maß an gesellschaftlich akzeptierten Gehirnzellensterben um und ich erkläre euch nächste Woche, dass ich nun als Prinzessin zur Arbeit gehen werde, in Reifrock und mit Krönchen. Man soll sich ja schließlich für den Job kleiden, den man haben will und nicht für den, den man hat. Oder ich ziehe mich jeden Morgen so an, wie ich mich fühle und gehe an Kartoffeltagen in einem Kartoffelsack. Alles ist möglich, sag niemals nie. Doch momentan sehe ich diese Veränderung in meiner Zukunft noch nicht so.
Dementsprechend ist meine Vorfreude momentan etwas verhalten und meine Stimmung ist heute noch nicht so karnevalesk und ausgelassen, wie sie vielleicht sein sollte. Und auch ein Mettbrötchen wird da wohl nicht helfen, Begeisterungsstürme auszulösen – immerhin bin ich überzeugte Vegetarierin. Dennoch gebe ich mein Bestes und werde morgen mit einem Halve Hahn in den Tag starten (noch bevor ich die Hafermilch gegen ein Bier getauscht habe), immerhin ist das eine Alternative, die man auch mit meinen kulinarischen Vorlieben vereinen kann. Darüber hinaus werden Milchprodukte ja oftmals auch mit überzeugenden Wirkungen in Verbindung gebracht; man denke an die warme Milch zum Einschlafen. Also geben wir auch mal dem mittelalten Gouda eine Chance, den Karnevalsjecken in mir zu erwecken oder wenigsten den Skeptiker einzuschläfern.
Nun gut, aber genug gebauchschmerzt über die fünfte Jahreszeit. Es gibt ja Schlimmeres, z. B. Darmspiegelungen, der Besuch der Schwiegermutter oder eine regionale Fahrt mit der Deutschen Bahn. Ich werde Karneval schon überleben, immerhin ist es kein rektaler Eingriff, kein kriegerischer Angriff oder ein Griff ins Nahverkehrsklo. Es ist irgendwie das Zelebrieren deutscher (Trink-)Kultur, ein Fest, an dem sich im Mittelalter die starren gesellschaftlichen Strukturen aufgehoben haben und an dessen Ende man für die folgenden 40 Tage zum Vegetarier mutiert ist. Also sind die Germanistin, die Historikerin und auch der Teilzeit-Weltverbesserer in mir zufrieden gestellt und darauf lässt sich doch aufbauen.
Und mein ES, das freut sich und arbeitet schon an einer Barrikade, die Frau Sybille Cordula Schmitz-Schulze für die nächsten fünf Tage wegsperrt!
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