Die Geschichte, die ich euch heute erzählen möchte, fand ihren Anfang vor zwei Wochen – an einem Mittwoch, wenn ihr’s genau wissen wollt. Es war heiß, sehr heiß und ich beschloss daraufhin mir ein kleines, feines Thermorollo zu bestellen, welches dafür sorgen sollte, dass die Sonne meine kleine, feine Wohnung nicht noch mehr aufheizen würde, als es nötig war. Ich dachte mir nichts Böses dabei und bestellte eines im Internet. Ich bekam daraufhin die Nachricht, dass mein Paket in zwei bis drei Werktagen da sein würde und das angepeilte Lieferdatum damit ein Samstag wäre. Mit dieser Zeitspanne konnte ich leben und mir deuchte immer noch, dass alles in Ordnung sei.
Doch bereits samstags erhielt ich dann die Rückmeldung, dass mein Paket doch erst Montag kommen würde. Auch da hielten sich meine Bedenken noch in Grenzen; eine kleine Verspätung ist ja hinzunehmen – muss ich mir doch selbst eingestehen, dass ich nicht immer pünktlich bin.
Und so wurde es Montag und ich kam erwartungsvoll nach Hause, doch fand ich weder ein Paket vor meiner Tür noch einen Zettel in meinem Briefkasten. Mein Gemüt war zu diesem Zeitpunkt bereits leicht erhitzt und das nicht nur wegen der Temperaturen von über 30 Grad im Außen und vor allem im Inneren meiner Wohnung. Trotzdem versuchte ich, die Ruhe zu bewahren und traute der am gleichen Tag noch eintrudelnden Mail, die mir verkündete, es gäbe Lieferschwierigkeiten und mein Paket würde Mittwoch zugestellt.
Ihr könnt euch vorstellen, was daraufhin passierte: Nicht nur, dass zwei Nächte später wirklich Mittwoch war, sondern auch dass eine neue Mail bei mir im Posteingang landete – und das schon am Dienstag: Mein Paket war endlich versendet worden und so baute sich in mir die naive Hoffnung auf, dass vielleicht schon in naher Zukunft zwei meiner mittlerweile innigsten Wünsche in Erfüllung gehen würden: Erstens könnte ich als sehnsüchtige Empfängerin schon bald mein Paket in den Händen halten, zweitens rückte die Aussicht auf eine von stehender Hitze befreiten Wohnung in greifbare Nähe. Erleichterung mischte sich mit der bereits angestauten Frustration und ließ letztere zusammen mit der Hitze von immer noch über 30Grad verdampfen.
Ende gut, alles gut – würde ich nun gerne schreiben und die Geschichte an dieser Stelle beenden. Schon allein der Personen wegen, die bereits das ein oder andere Gähnen beim Lesen unterdrückt haben, um nicht unhöflich zu wirken. Doch es verlief wieder alles anders, als gedacht.
Als wäre ich Hiob, kam am Mittwoch die entsprechende Botschaft als weitere Mail in mein gepeinigtes Email-Fach geflattert: Die Post habe Schwierigkeiten, es dauere wohl noch ein bis zwei Werktage, bis mein Thermorollo mich erreiche. Mit einer aufgrund der Temperaturen sehr langsamen Geschwindigkeit (ähnlich derer von meinem Paket) erreichte folgende Einsicht mein Gehirn: Mein Thermorollo, das ich so dringend benötigte, würde also noch länger auf sich warten lassen
Das war der Moment, in dem ich – im Gegensatz zu meinem biblischen Leidensgenossen – den Glauben verlor. Spätestens als ich in die Wetter-App schaute, die zum Wochenende hin sinkende Temperaturen versprach, war ich mir auch noch der Ironie meiner Situation vollends bewusst: Mein Thermorollo würde voraussichtlich dann ankommen, wenn ich nicht mehr Kartoffeln auf meiner Fensterbank kochen könnte und auch meine Schokolade nach fünf Minuten außerhalb des Kühlschranks nicht mehr ihren Aggregatzustand von fest nach flüssig ändern würde.
Mir war nach wütendem Weinen, doch die Tränen trockneten bei über 30Grad direkt in meinen Wimpern. Also blieb mir nichts anderes übrig, als weiter abzuwarten und dabei nicht zur vertrockneten Mumie zu werden.
In den nächsten Tagen blieb mein Mail-Postfach stumm und mein Briefkasten leer. Erst Samstag gratulierte man mir fast überschwänglich in elektronischer Form dazu, dass mein Paket heute ankommen würde. Jubelstürme, Freudentränen, die diesmal wieder meine Wange benetzen konnten, denn es hatte ja abgekühlt.
Und tatsächlich, mein Paket fand den Weg zu mir. Jedenfalls laut dem Sendungsstatus, welcher mir im Internet angezeigt wurde. Um 18:02 Uhr auf die Minute genau, soll es eingetroffen sein, nur wäre ich leider nicht zuhause gewesen. Kurz zu Info: Es war 18:04 Uhr als ich diese Nachricht an meinem heimischen PC auf meinem Bett in meiner Wohnung dem Onlineportal der Post entnahm.
„Gut“, dachte ich mir, „dann hole ich das verdammte Ding (was sich nach Angaben des Internets in einer Abholfiliale befand) eben am Montag ab.“ Mit diesem von Wut und Frust getriebenen Vorhaben verließ ich sodann auch am ersten Tag der neuen Woche meine Wohnung, öffnete den Briefkasten in Erwartung, einen Abholschein zu sehen und sah nichts. Jenen Abholschein sollte ich auch nie zu Gesicht bekommen, denn er existierte nicht. Infolgedessen wusste ich zwar, dass mein Paket in Köln angekommen war, aber nicht wo es jetzt gerade mutterseelenallein auf mich wartete. In diesem Moment wäre mir wirklich die Hutschnur geplatzt, wenn ich einen Hut getragen hätte. Wir gut, dass ich das nur sehr selten und ausschließlich bei bester Laune tue, ansonsten hätte ich noch zu einem verrückten Hutmacher gemusst, der diese Kopfbedeckung dann hätte reparieren müssen. (Vielleicht, kommt mir gerade der Gedanke, ist der verrückte Hutmacher auch nur verrückt geworden, weil er genauso lange auf ein Paket warten musste wie ich. Und dass man da [fast] verrückt wird, hatte ich ja am eigenen Leib erfahren.)
Vor dem leeren Briefkasten fragte ich mich dementsprechend, was ich nun tun sollte. Ich beschloss, der Post noch bis zum nächsten Tag Zeit zu geben, jenen Abholschein, der niemals auch nur ansatzweise existieren sollte, mir postalisch und nachträglich zukommen zu lassen. Ein Fehler, wie sich im Endeffekt herausstellte, denn es gab und gibt ja keinen Abholschein. Am Dienstag rief ich dann also vollkommen entnervt bei der Post an, nachdem ich zunächst detektivisch die Servicenummer herausfinden musste, und hängte mich 15 Minuten in die Warteschleife, nur um dann zu erfahren, dass mein Paket zwei Häuser weiter im Kiosk lag und dass es ja leider öfters vorkomme, dass kein Abholschein hinterlassen würde. (Tja, kann ja mal passieren, wenn ich möchte, dass mich jemand besuchen kommt, gebe ich ihm auch nur in 8 von 10 Fällen meine Adresse!)
Aber wieder zurück zu meiner Geschichte: Keine fünf Minuten später waren mein Thermorollo und ich dann endlich glücklich vereint, bei 26 Grad und bewölktem Himmel. Fin.
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