Es ist Mitte November, die Sonne scheint, der Himmel ist strahlend blau … und bei meiner besten Freundin liegt ein Amazon-Paket auf dem Sofa. Auf die Frage, was denn darin sei, antwortete sie mir doch glatt: „Weihnachtsgeschenke!“. Und da war es dann auch bei mir soweit, ein Engelschor trötete in seine Posaunen, die Rentiere wackelten mit ihrem Schellengeschirr und Ochs und Esel im Stall zu Bethlehem fingen an zu schreien: WEIHNACHTEN STHET VOR DER TÜR. Ja, Weihnachten ist nächsten Monat und ich oute mich, ich habe noch kein einziges Geschenk! Und auch an Ideen fehlt es mir gerade und dieses allweihnachtliche „Ach, ich wünsch‘ mir doch nichts!“ von allen möglichen Leuten hilft da übrigens überhaupt nicht!!!
Genau so wenig hilfreich ist die Tatsache, dass bereits in der ganzen Innenstadt die Hütten für den Weihnachtsmarkt aufgebaut werden und meine beste Freundin mir des Weiteren mitteilt, dass sie für jeden ihrer Freunde und Familienmitglieder schon eine Geschenkidee habe und nur noch auf den Bestellbutton drücken müsse. Bei dieser Ansage schwebe ich irgendwie zwischen totaler Bewunderung und einem gezischten „Schön für dich!“.
Ja, ich bin anscheinend spät dran! Mitte November noch keinen Gedanken an Weihnachten verschwendet zu haben, mag dem ein oder anderen ignorant erscheinen. Vor allem, wenn man die Tatsache miteinbezieht, dass der Einzelhandel –viel früher als es unser Google-Calendar schaffen würde –uns gebäck-gewaltig bereits im Spätsommer daran erinnert hat, dass ja bald Weihnachten ist: Spekulatius, Lebkuchen, Printen, alles backte bereits Anfang September schon in den Regalen bei 30Grad Außentemperatur noch einmal nach.
Aber wenn ich ehrlich bin, hätte auch eine frühere Beschäftigung mit Weihnachten und den Wunschlisten meiner Freunde und Familie nicht wirklich viel gebracht … denn ich bin einfach nicht so Typ Weihnachtsmann. Ich bin – wenn schon – dann eher so Typ Weihnachtsfrau; der Mann macht die Arbeit und man selber chillt in Ringelsocken vor dem Kamin, trinkt heiße Schokolade und isst die von den Elfen frischgebackenen Weihnachtsplätzchen. Das reicht mir vollkommen, diese ganze Schenkerei ist doch einfach nur purer Langzeitstress für einen kleinen Moment Freude …der auch ganz schnell zu einem großen Moment der Enttäuschung werden kann.
Erst zerbricht man sich stundenlang das Hirn über supertolle, superpersönliche, superpraktische, superschöne und supereinzigartige Geschenke (bestellt dann aber im Endeffekt doch die superlangweiligen Socken). Dann rennt man durch die völlig überfüllten Läden, benebelt und halb betäubt von dem süßen Kaufhausparfüm. Oder man klickt sich die Finger wund im Internet, füllt wahllos digitale Einkaufswägen, die dann wie allein zur Kasse rollen und einem unmerklich das Geld aus der Tasche ziehen. Außerdem kauft man Rollen über Rollen Geschenkpapier, die aneinandergereiht von hier bis nach Marathon reichen, und nochmal doppelt so viel Tesafilm – nur um am Ende festzustellen, dass das Geschenk aussieht, als würde es einen abgehackten Pferdekopf enthalten statt das tausendste Kochbuch für Oma Hilde. Wenn man dann endlich final an Heiligabend unter dem Weihnachtsbaum sitzt, jeder blass und ausgemergelt von den Strapazen und sich kraftlos und mit zitternden Händen die Geschenke überreicht, dann sind es nicht die Präsente, die einem ein müdes Lächeln auf die Lippen zaubern, sondern es ist die Tatsache, dass der Geschenkewahnsinn für dieses Jahr vorbei ist.
Deshalb habe ich jetzt für mich beschlossen, nicht panisch zu werden. Es ist Mitte November, ja das stimmt. Weihnachten ist in 36 Tagen, korrekt! – Also noch 36 Tage um in Ringelsocken vor meinem imaginären Kamin zu sitzen, heißen Kakao zu trinken und Plätzchen zu futtern. Und vielleicht, wenn ich richtig gut drauf bin, denke ich auch ein bisschen über Weihnachtsgeschenke nach … z.B. über Socken. Socken sind doch eine tolle Idee?!
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