„Du und Campen?", war in Verbindung mit einem ungläubigen Gelächter die Reaktion meiner Freunde, als ich ihnen ankündigte, dass ich die erste Septemberwoche in einem Wohnmobil an der holländischen Nordsee verbringen wolle. Meine Freunde schienen von dieser Vorstellung sehr belustigt und der Urlaub wurde von ihnen als „Mission Impossible" abgestempelt. Mit einem ironischen „Na dann viel Spaß beim Campen!" wurde ich dann noch in meinen wohlverdienten Urlaub entlassen.
Und siehe da, liebe Freunde, jetzt sitze ich hier, der Urlaub ist zur Hälfte um und ich chille in der Sonne vor dem Wohnmobil. Die Haare im wuscheligen Dutt, ungeschminkt und das Frühstück heute den fünften Morgen in Folge auf einem Plastikteller serviert. Dicke Pullis und meine Flipflops sind mir in den letzten Tagen mehr ans Herz gewachsen als Mascara und Lippenstift. Gestern Abend, ein typischer Septemberabend mit klarer Luft und einer angenehmen Kühle, die zum gemütlichen Einkuscheln in eine Wolldecke einlädt, lebte ich sogar den totalen Camper-Lifestyle: in meinen Flipflops trug ich graue Flauschsocken. Man sagte mir in diesem Zusammenhang, dass ich aussähe wie die Schwester vom Krümelmonster aus der Sesamstraße-jedenfalls Knöchel abwärts.
Aber genau das ist es auch, was mir am Campen so gut gefällt. Du bist du, es ist egal, was du anhast, es muss nur funktional sein. In den letzten Tagen war ich nur zweimal geschminkt und als ich für Instagramfotos im Trenchcoat und mit knalligem Lippenstift durch die Parzellen des Campingplatzes lief, fühlte ich mich wie ein Fremdkörper. Mich stresste es dann irgendwie selber, so "aufgestylt" an den anderen in ihren bunten Allwetterjacken und mit ihren Trekkingsandalen vorbeizulaufen und ich war froh, als ich wieder Pulli und Leggins trug. Das Leben hier läuft langsamer, es zeigt einem, was man wirklich braucht, nämlich gute Gesellschaft...und vielleicht noch guten Wein-letzteres ist aber lediglich meine Einschätzung. Das freundliche Nicken des Stellplatznachbarns, das Lächeln auf den Lippen, wenn sich Wege kreuzen und das interessierte, freundliche Schnüffeln von Hunden jeglicher Größe und Farbe. Man braucht hier keine Spülmaschine, man wäscht sein dreckiges Geschirr einfach zusammen ab und plötzlich erscheint sogar Abtrocknen als meditative Übung, die die Seele entspannt. Die Seele baumeln lassen, das ist es wohl, was Campen am besten beschreibt. Die Welt scheint entschleunigt (genauso wie das WLAN hier) und die Uhrzeit ist egal- man sitzt draußen, wenn die Sonne scheint und geht rein, wenn es dunkel ist bzw. es zu kalt wird. Der Tag hat keinen getakteten Rhythmus mehr, man lebt ihn einfach und in ihn hinein- und aus ihm hinaus, wenn man in Decken eingerollt zum Sternegucken am Strand liegt.
Also liebe Leute, an alle die an mir gezweifelt haben, zur Verwunderung meiner Familie, ich genieße jeden Moment hier! Als zerzauste Schwester des Krümelmonsters treibe ich jetzt noch einige Tage mein Unwesen auf dem Campingplatz bis es dann wieder nach Aachen geht, zurück zu dekorativer Kosmetik und den schicken Klamotten...aber bis dahin ist noch Zeit und von Zeit hat man hier -Gott sei Dank- sehr viel!
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