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AutorenbildJacqueline

#nachgedacht: Von Türen, dem „homo optionis" und Triumphbögen

Es gibt Momente im Leben, da wird dir eine Tür vor der Nase zugeknallt. Das lautstarke Ins-Schloss-Fallen schmerzt in den Ohren, der kalt Luftzug lässt dich erschaudern und fast hättest du dir auch noch die Nase im Türspalt eingeklemmt. Und jetzt stehst du da; überrascht im Dunkeln vor einer geschlossenen Tür, die eben noch sperrangelweit offen schien. Du stehst da mit tausend Fragen ohne eine Chance auf nur eine einzige Antwort – du wurdest ausgesperrt, die Tür für immer verschlossen, denn den Schlüssel besitzt du nicht. Solch eine Situation kennt wahrscheinlich ein jeder. Man ist nicht allein mit dieser Erfahrung und doch fühlt man sich in solchen Momenten so. Irgendwas verändert sich, irgendwas auf das man selbst kaum bis gar keinen Einfluss hat; eine endgültige Entscheidung eines anderen, eine nicht mehr rückgängig zu machende Veränderung des eigenen Lebens oder der plötzliche Wandel von sonstigen äußeren Umständen. Jedenfalls sind es zumeist Dinge, die außerhalb des eigenen Einflussbereichs liegen, dementsprechend fühlt man sich hilflos, einem fehlt jegliche Orientierung, man realisiert kaum in den ersten Augenblicken, was da wirklich geschehen ist. Die Plötzlichkeit, mit denen solche Situationen über einen hineinbrechen, ist meines Empfindens das Schlimmste, denn es sorgt dafür, dass man sich kaum vorbereiten kann. Deshalb neigt man im Nachhinein dazu, alles noch einmal zu analysieren, sich den Kopf zu zermartern, was falsch oder schief gelaufen ist. Man versucht bei irgendetwas oder irgendjemanden die Schuld zu suchen – oftmals und viel zu oft bei sich selbst. An jenen Punkten im Leben ist es aber zumeist das Vernünftigste, die ge- und verschlossene Tür zu akzeptieren. Sie nicht versuchen einzurennen oder aufzubrechen. Man neigt im Regelfall nämlich dazu, sich bei solchen Situationen nur selbst wehzutun. Es hilft auch nicht eine Antwort auf die tausend Fragen zu finden, die einem im Kopf rumschwirren. Meist sorgt solches „Zerdenken“ der Vergangenheit nur dafür, dass man sich an den Scharnieren aufreibt, sich noch mehr Splitter ins Herz zuzieht und am Ende erschöpft und von zu vielen Gedanken geplagt auf der Schwelle danieder sinkt. Auch das ist – so hart es klingen mag – vergeudete Energie, denn selbst wenn man es schaffen sollte, Antworten zu finden, sind diese auch nicht der Schlüssel, um Zeit zurückzudrehen oder längst versperrte Türen zu öffnen. Das einzig wirkungsvoll in einem solchen Moment ist Akzeptanz: Dort ist eine Tür verschlossen worden. Ich kann nichts daran ändern, da es nicht meine Entscheidung war!

Türen im Leben - sie sind spannend, man weiß nie genau, was sich hinter ihnen verbirgt, aber man sollte sie immer mit Vorfreude betrachten und nie mit Angst :)

Natürlich kommt diese Akzeptanz nicht von heute auf morgen, sie muss sich entwickeln und diese Zwischenzeit sollte man nutzen. An dieser Stelle ist es nämlich wichtig, nicht bloß auf die Tür zu starren, um mit allen Sinnen und 24/7 zu begreifen, dass diese für immer verschlossen bleibt. Vielmehr sollte man sich an diesem Punkt auf der Schwelle umschauen, in die Weite und in die Ferne, ins Jetzt und in die Zukunft. Türen im Leben gibt es genug.Jene, die gerade hinter uns zugefallen ist, ist nichts die Einzige. Es gibt Möglichkeiten, Chancen und Entscheidungen, die auf einen jeden von uns dort draußen warten – in Form von Türen, die von uns selbst geöffnet, gebaut oder geschlossen werden müssen und sollen. Diese Form des Seins kann man am Besten unter der Formulierung „homo optionis“ zusammenfassen; Beck hat mit diesem Begriff alles gesagt, worüber man sich in der oben beschriebenen Situation klarwerden muss: Ein jeder Mensch unterliegt dem Zwang und gleichzeitig auch der Freiheit in Bezug auf das Treffen seiner Entscheidungen. Jeder von uns trägt Selbstverantwortung, ist zur Selbststeuerung verpflichtet. Dementsprechend sind wir alle dafür verantwortlich, wie wir mit Situationen umgehen, die uns vielleicht auf den ersten Blick verunsichern oder vollkommen aus der Bahn werfen. Ich für meinen Teil habe für mich herausgefunden, dass bei schließenden Türen auch immer – nicht nur die Chance – sondern sogar die Gewissheit besteht, dass sich eine andere öffnet: Ein „Leben auf dem Flur“ ist für mich keine Option. In jenen Augenblicken, so unangenehm sie auch sein können, lautet mein Rat neben Akzeptanz der momentanen Gegebenheiten, sich neu zu orientieren. Türen, die vielleicht aus der nun Verschlossen heraus, weit weg gewirkt haben, sind plötzlich ganz nah und bereit zum Aufstoßen. Sollten sie aber trotzdem noch in einiger Entfernung liegen, dann ist nun der Weg frei, endlich zu ihnen aufzubrechen, sich aufzuraffen und diese Möglichkeit zu einer Chance und im besten Fall am Ende zu einem Ist-Zustand werden zu lassen. Sollte der Fall eintreten, dass keine Türen in Nähe oder Ferne einen verlocken, dass man das Gefühl hat, vor einer Backsteinmauer zu sitzen, dann ist es an der Zeit, sich selbst eine zu bauen. Dies ist wohl die anstrengendste, aber die lohnenswerteste Form. Man nehme sich also einen Vorschlaghammer und kreiere sich seinen eigenen Ausgang aus einer – auf den ersten Blick – ausweglos erscheinenden Situation. Alle Varianten sind natürlich keine Sonntagsspaziergänge; es ist nicht wie durch einen Perlenvorhang zu gehen, es ist harte Arbeit, die Kraft, Ausdauer und vor allem Mut erfordert: Mal klemmt eine Tür, eine andere liegt in weiter Ferne und letztere muss erst in den blanken Stein gehauen werden. Aber am Ende geht man durch sie hindurch und es ist wie ein Zug durch einen Triumphbogen.

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