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AutorenbildJacqueline

#nachgedacht ... übers Single-Sein

„Mit der muss doch etwas falsch sein, wenn die immer noch Single ist!“, eine Aussage, die immer mal wieder fällt – bei einem flüchtigen Plausch mit ein paar Bekannten, in der Kaffeeküche vom Büro oder sogar im eigenen Freundeskreis. Auch ich habe mich bereits in mehreren Situationen befunden, in denen eben jene Äußerung so oder so ähnlich getätigt worden ist. Es ging dabei nicht um mich, teilweise sogar um Personen, die ich gar nicht kannte und doch ertappte ich mich immer dabei, wie ich kurz einen besorgten Blick auf meinen Beziehungsstatus warf. Die letzten sechs Jahre war ich eigentlich durchgehend (bis auf ein paar Monate) in festen Partnerschaften, sodass ich mich lange Zeit nicht mit dieser Thematik beschäftigt habe. Das einzige, was ich in solchen Situationen dann tat, war aufatmen, weil bei mir ja anscheinend alles stimmte – immerhin war ich nicht Single. Jetzt bin ich aber gerade nicht in „festen Händen“, bin „Freiwild“ oder wie man es sonst noch bezeichnen möchte, wenn man keinen Freund bzw. keine Freundin hat. Man ist „solo“, „allein“ und als Frau natürlich auch total verzweifelt ohne Mann an seiner Seite. Man ist ein „Fisch ohne Wasser“, ein „Löwe ohne Savanne“, ein „Meerschweinchen ohne Kaninchenkäfig“ (ihr merkt schon, es muss zwischen euch und eurem Partner nicht passen, es reicht, dass ihr zusammen seid, der Rest ist egal!). Während Männer generell weniger Kritik und blöde Sprüche einstecken müssen, wenn sie Jahre lang Single sind, durch die Clubs streifen oder einfach auch nur durch Uniflure, dann werden sie trotzdem als vollwertige Individuen wahrgenommen. Man fragt sie seltener: „Ey, warum bist du eigentlich noch Single?“ oder „Sag‘ mal, willst du nicht eigentlich mal wieder ´ne Freundin?“. Bei Frauen sieht die gleiche Situation ganz anders aus, wenn diese länger als ein halbes Jahr solo unterwegs sind – also die Zeit, die man ihnen gewährt, um über den Ex-Freund hinwegzukommen und um einen neuen Partner zu Genüge kennenzulernen – gelten sie schon plötzlich als Produkte mit einem abgelaufenen Haltbarkeitsdatum. „Ob die noch gut ist? Ist das wirklich ein Pelzjäckchen oder doch schon Schimmel?“, fragt sich der ein oder andere Außenstehende dann, den die ganze Sache eigentlich gar nichts angeht. Und genau diese Haltung der Gesellschaft, die ich immer wieder beobachte, sorgt dafür, dass sich viele junge Frauen (und ja, auch ich habe eine Zeit so gedacht) ohne einen Partner an ihrer Seite weniger wertvoll fühlen. Es ist als wäre ein Freund, ein Verlobter, ein Ehemann DAS Gütesiegel, DER Garantieschein oder DIE Bescheinigung, dass mit einem alles in Ordnung ist, dass man hübsch und attraktiv ist, dass man einen guten Charakter hat und gleichzeitig noch kochen kann. Jenes Denken wiederum führt zu einer sehr ungesunden Einstellung, die ich erschreckenderweise bei vielen jungen Frauen in meinem Alter, aber auch bei mir selbst, bemerkt habe: Man traut sich nicht, sich von seinem Partner zu trennen, obwohl man nicht mehr glücklich in der Beziehung ist. Man hat als weibliches Wesen unserer Gesellschaft nämlich das Bild vor Augen, dass man ja alleine, ohne Partner, eben nur halb so viel wert ist wie mit. Und das wiederum lässt einen denken, dass man ohne die Beziehung nur noch unglücklicher wäre.

...ich bin happy und Single - geht das überhaupt?

Aber das ist vollkommener Bullshit – sorry für die Wortwahl, aber eine eloquentere Begrifflichkeit wäre hier an dieser Stelle einfach nicht adäquat genug, um auszudrücken, was für gehörnte Scheiße eine solche Einstellung ist! Ein jeder, ob Frau oder Mann, ob groß oder klein, ob dick oder dünn ist genug. Wenn wir Single sind, dann heißt das nicht, dass uns keiner will, sondern das heißt, dass wir vielleicht gerade auch gar nicht auf der Suche sind, weil wir uns genügen. Keiner braucht eine Partnerin oder einen Partner, um attestiert zu bekommen, dass er gut ist, so wie er ist. Diese „Gütesiegel“ können wir uns nämlich nur selbst geben; denn der einzige Mensch, der uns gut finden muss, damit wir uns gut finden, sind wir nun mal selbst. Sehen wir Single-Sein nun mal von diesem Standpunkt aus, dann kann genau dieser Beziehungsstatus zur größten Chance unseres Lebens werden: Man hat in diesem Moment einfach keinen, auf den man Rücksicht nehmen muss – außer sich selbst. Ich persönlich finde, dass man dadurch eine gewisse Freiheit gewinnt, eine Freiheit, die man einfach faktisch in einer Beziehung nicht hat und das meine ich auch gar nicht negativ. In einer Partnerschaft ist es wichtig, auch mal einen Kompromiss zu schließen oder wenigstens das diskursive Gespräch zu suchen – ansonsten schlösse man den Partner oder die Partnerin ja irgendwie aus seinem Leben aus. All diese Gespräche, die manchmal auch mit Rechtfertigungen einhergehen und in einem Streit enden können, muss man als Single nicht führen. Man kann sich generell einfach mehr auf sich konzentrieren, auf die eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Träume; man kann sich neu kennenlernen und sein Verhältnis zu sich selbst verbessern. Denn Single-Sein zwingt einen quasi dazu, sich mal wieder mit sich selbst zu beschäftigen; man kann sich nämlich weniger fremdleiten oder Entscheidungen abnehmen lassen. Das sorgt dafür, dass man mehr auf sich selbst hören muss. An mancher Stelle muss man sich dann sogar eingestehen, dass das, was man glaubte zu wollen, eigentlich der Wunsch des Partners war und nicht der eigene. Dementsprechend ist Single-Sein für mich eigentlich genau das Gegenteil von einem „Nicht-Komplett-Sein“, denn man kann eben komplett und ohne Einschränkungen selbst entscheiden, was man will, was man braucht und was man gut findet. Man hat die Möglichkeit sich selbst zu erkunden, die Tiefen seiner Seele, von den Zehen- bis zur Nasenspitze, einfach herausfinden, wer man ist. Und sich die Zeit für eine Entdeckungstour durch die eigene Persönlichkeit zu nehmen, kann doch einfach nicht falsch sein!

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