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AutorenbildJacqueline

#nähkästchen: Erdbeer-Massaker oder Endometriose -Ein Erfahrungsbericht

Ein Jahr ist es jetzt ungefähr her seit ich die Diagnose bekommen habe, dass meine Gebärmutterschleimhaut wie einst die europäischen Großmächte Kolonisation betreibt. Sie expandiert in den Bauchraum, sucht zwar nicht nach einem „Platz an der Sonne“, aber dafür nach dunklen Winkeln und Ecken, in denen sie sich ansiedeln kann. Das tut sie mit einer ähnlichen Brutalität und Zerstörungskraft wie ihre historischen Vorbilder, nur mit dem Unterschied, dass man diesen Zustand nicht Imperialismus, sondern Endometriose nennt. Endometriose ist die zweithäufigste gutartige Erkrankung bei Frauen im gebärfähigen Alter (10% der Frauen zw. 15 und 45 Jahren sind betroffen). Sie sorgt nicht nur für starke Regelschmerzen, Schmerzen beim Urinieren oder auch beim Sex, sondern im Extremfall auch für Unfruchtbarkeit. Ich bin also mit dieser Krankheit nicht alleine, trotzdem ist bei mir die Diagnose erst nach einem Leidensweg von fast fünf Jahren gestellt worden und ich bin nach eigener Erfahrung bezüglich der „Diagnosedauer" kein Einzelfall. Eigentlich sollte man nicht glauben, dass man von Ärzten nicht ernstgenommen wird, wenn man mit Schmerzen zu ihnen kommt, aber genau das ist mir passiert. Seit meinem 18. Lebensjahr war meine Periode nicht mit einem Euphemismus wie „Erdbeerwoche“ mehr darzustellen. Es war eher so als würde man das ganze Erdbeerfeld bis auf den Erdkern hinab umpflügen, jegliche kleine Beere aufs Grausamste zermatschen und alle Erdbeer-Pflänzchen gewaltsam herausreißen. (Wem das jetzt zu anschaulich ist, der sollte jetzt nicht weiterlesen!) Mit dieser Symptomatik saß ich von diesem Moment an in regelmäßigen Abständen bei meiner Frauenärztin, die mir immer versicherte, alles wäre in Ordnung und die Regelschmerzen wären etwas total Normales, denn „die habe nun mal jede Frau!“. Retroperspektiv ist mir natürlich klar, dass ich bei anhaltenden Schmerzen früher den Frauenarzt hätte wechseln sollen, aber in diesen Momenten meiner Vergangenheit war ich einfach nur eingeschüchtert. Ich wurde nicht ernstgenommen und deshalb nahm ich meine Schmerzen auch selber nicht mehr ernst: So hielt ich es nach geraumer Zeit auch für „normal“, jedes Mal ein ganzes Erdbeerfeld abzubluten und bereits drei Tage vor dem Einsetzen meiner Periode das Gefühl zu haben, dass sich spitze, widerliche Krallen in meinen Unterleib bohrten und mit aller Gewalt versuchten, mich auszuweiden. Solche Schmerzen vor und bei der Regelblutung sind markante Hinweise auf die Erkrankung Endometriose. Je nachdem, wo sich die Wildwucherungen der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) ablagern und wie stark ausgeprägt sie sind, kommt es zu unterschiedlich starken Schmerzen und Krämpfen. Die Gebärmutterschleimhaut außerhalb ihres natürlichen Lebensraums verhält sich nämlich genauso wie die in der Gebärmutter; sie blutet also munter in den Bauchraum hinein!

Endometriose- kein Thema, wofür man sich schämen muss!

Nach etlichen Pillenwechseln, den Versuchen, mich selbst mit Yoga, Schmerzmitteln und Wärmflaschen zu therapieren, war es nicht Vernunft sondern eher Zufall, dass ich den Frauenarzt wechselte. So kam es dann nach der zweiten Untersuchung dazu, dass in Folge der Sichtung eines tumotartigen Knubbels auf dem Ulltraschall, eine Bauchspiegelung anberaumt wurde. Noch am selben Tag bin ich dann ins Krankenhaus, dort wurden diverse Voruntersuchungen gemacht und ein Vorgespräch geführt, bei dem sich dann insbesondere auch der Verdacht auf Endometriose das erste Mal erhärtete. Bei der anschließenden Bauchspiegelung oder auch Laparoskopie genannt, wurde in Folge dessen also nicht nur nach dem Knubbel geschaut, der seine kleinen Rundungen stolz auch in den Krankenhausultraschall gehalten hatte, sondern auch nach einem möglichen Endometriose-Herd. Dieses Vorgehen ist (nach Abtasten und Ultraschall) übrigens bei einer derartigen medizinischen Vermutung die einzige Möglichkeit, wirklich sicher zu sein, worum es sich handelt. Endometriose an sich ist nämlich - im Gegensatz zu ihren Begleiterscheinungen wie Zysten, Vernarbungen oder Verwachsungen- auf dem Ultraschall nicht sichtbar. Eine Bauchspiegelung ist dementsprechend als minimal-invasiver Eingriff hier von Nöten, um Gewissheit zu haben. Ich kann euch aber versichern, die Narben, die durch die drei Eintrittslöcher der Instrumente entstehen, verheilen gut und sind auch super in einem normalen Bikinihöschen die erste Zeit zu verstecken. Meine sieht man ein Jahr nach dem Eingriff kaum noch; Zeit heilt eben doch so einige Wunden. Nun gut, ich musste also unters Messer und insgeheim hoffte ich, dass sich der Verdacht Endometriose bestätigte, denn dies würde die Unterleibsschmerzen während meinen „Erdbeermassaker-Wochen“ erklären und behandelbar machen. Außerdem würde es heißen, dass endlich dieser ständig unterschwellig mitschwingende Vorwurf von Außen, mich einfach nur anzustellen, entkräftet und dafür gesorgt werden würde, dass man mich ernst nimmt! Die Diagnose Endometriose nach der kleinen OP schockte mich also gar nicht, sie sorgte eher dafür, dass mir ein riesen Stein vom Herzen fiel, ein Stein, der dort nicht hätte sein müssen, wenn man mir von Anfang an mehr Gehör und Glauben geschenkt hätte. In einer zweiten Operation dann, die genauso verlief wie die erste, entfernte man den recht großen Endometriose-Herd und auch den kleinen Knubbel, der sich ebenfalls als Gebärmutterschleimhaut, die sich zusammengeballt hatte, herausstellte. Letztere Feststellung brachte mich dann doch zum Grübeln, denn bei näherem Nachdenken darüber, fiel relativ schnell auf, dass dieser Knubbel nicht erst seit einem Monat da gewesen sein konnte, sondern schon bevor ich meine Frauenärztin gewechselt habe, dagewesen sein musste (die letzte Untersuchung in der alten Praxis war nämlich zwei Wochen vor dem Besuch bei der neuen Ärztin). Dies heißt, dass eine Diagnose bzw. die Notwendigkeit einer Laparoskopie schon länger bestanden hattne, aber einfach verkannt wurden. Jene Tatsache ist mit ein Grund, warum ich nun heute diese privaten Erfahrungen mit euch teilen und euch Folgendes ans Herz legen möchte: Solltet ihr das Gefühl haben, dass eure Regelschmerzen oder auch jedes andere medizinische Problem von eurem (Frauen-)Arzt nicht ernstgenommen wird, dann wechselt die Praxis oder holt euch wenigstens eine Zweitmeinung ein! All das, was ihr übrigens hier gelesen habt, ist kein medizinisch fundierter Bericht (ersetzt also keine Zweitmeinung) oder eine sichere Art der Selbstdiagnose. Meine Ausführungen enthalten nur subjektive Eindrücke sowie Erfahrungen und Infos aus einer Broschüre über Endometriose, die ich im Krankenhaus bekommen habe. Ich bin eben kein Arzt, sondern eine Geisteswissenschaftlerin, dementsprechend kann ich euch nur etwas für die Krankheit sensibilisieren und euch Mut machen, auch über solche Themen wie Regelschmerzen zu reden (am besten natürlich mit fachkompetenten Ansprechpartnern), denn niemand muss Schmerzen bei der Periode leiden! Wenn ihr euch weiter informieren wollt, könnt ihr gerne hier vorbeischauen: www.endometriose-vereinigung.de www.endometriose-liga.de Und wenn ihr wissen wollt, wie es für mich nach der Operation weitergegangen ist, dann schaut regelmäßig auf meinem Blog vorbei, ein weiterer Artikel wird über meine Langzeittherapie folgen, denn die Endometriose ist Teil meines Lebens und damit jetzt auch offiziell Teil meines Blogs!

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