Es ist 16:32 Uhr – während andere heute schon fünf Homeworkouts hinter sich, vier selbstgemachte Smoothies getrunken oder eine neue Fremdsprache gelernt haben, wache ich grad nach einem ungeplanten Mittagsschlaf auf. Ich checke schnell, was für ein Tag heute ist. Es ist Mittwoch. Ich überlege kurz, ob ich vielleicht mehr als nur ein komatöses Mittagsschläfchen gemacht habe und eigentlich gestern eingeschlafen bin. Eine kurze kognitive Anstrengung später glaube ich, mir ziemlich sicher zu sein, dass auch heute Morgen schon, als ich das erste Mal aufgewacht bin, Mittwoch gewesen sei. Ein Gefühl zwischen Erleichterung und Enttäuschung stellt sich ein – einerseits bin ich froh darüber, nicht vollkommen die Kontrolle über meinen Schlafrhythmus verloren zu haben, andererseits auch irgendwie planlos, was ich mit dem Rest des Tages und dem nächsten anfangen soll. Ich seufze, Corona-Crisis hits me hard.
Während ich also vollkommen konfus überlege, was noch zu tun wäre, sind da so manche Blogs, Podcasts und Co. schon einen immensen Schritt weiter. Diese haben nämlich für mich und die komplette Selbstquarantäne-Zeit einiges zu tun und geben mir das Gefühl so manches zu verpassen, wenn ich nicht die 10 bis 50 Vorschläge á la „How to survive the Corona-Crisis“ abarbeitet. Natürlich freue ich mich sehr für die Menschen, denen solche Tipps und „Unternehmungsvorschläge“ helfen und vor allem darüber, dass ihr von mir eine solche Liste aufgrund des großen Angebotes nicht mehr braucht.
Ich finde diese Form von Beschäftigungstherapie nämlich für meine Person etwas fragwürdig. So scheitert schon der große Hausputz daran, dass ich mit meinen 27 Quadratmetern Wohnfläche wirklich nicht länger als ein paar Stunden beschäftigt wäre. Was bedeutet und zur Folge hätte, dass ich bereits nachmittags schon wieder nichts mehr mit mir anzufangen wüsste.
Außerdem ist das sicherlich auch keine Beschäftigung für jeden Tag, außer man möchte einen Putzzwang entwickeln und nach der Corona-Krise einen neuen Menschen kennenlernen, der zufälliger Weise Psychotherapeut ist und auch sein sollte.
Außerdem gestehe ich mir gerne ein, dass mir das wirklich zu anstrengend wäre. Trotzdem bin ich der Meinung, wem das psychisch und physisch in dieser coronösen Zeit Halt geben und Freude bereiten kann, der sollte so viel putzen, wie er will. Vollkommen selbstlos würde ich dieser Person sogar anbieten, einmal in der Woche auch bei mir vorbeizukommen. Natürlich nur um seinem neuen erfüllenden Hobby zu frönen und nicht, weil ich mich vorm Putzen drücken möchte.
Selbstverständlich ist auch mir nicht entgangen, dass es ebenfalls Selbstbeschäftigungen auf jenen Listen gibt, die weniger Anstrengung erfordern und somit fauleren Menschen wie mir erleichtern, ein paar Minuten des Tages totzuschlagen. Da wäre z. B. der Tipp „Gönn‘ dir mal so ein richtig schönes Bad mit Kerzen und einem guten Buch*“. Mit dem Sternchen hinter dem Wort „Buch“ habe ich für mich persönlich den Hinweis hinzugefügt, dass eine solch bedruckte Papiersammlung auch gerne durch ein Glas Wein zu ersetzen ist.
Generell kommt mir dieser Vorschlag nicht ganz so weltfremd vor und ich halte ihn zunächst für eine gute Idee, denn – um diesen zu realisieren – muss ich ja eigentlich nicht mehr tun, als mich von meinem Bett ins Badezimmer zu begeben. Ein Gang, den jeder Mensch – und so auch ich – generell so zwischen fünf bis zehnmal am Tag machen muss, sofern er sich keinen Eimer ans Bett gestellt hat. Demnach bin ich zu Anfang auch wirklich Feuer und Flamme für diese Aktivität und mache mich beschwingt auf ins Badezimmer. Jedoch bekomme ich schon auf halbem Weg so meine Zweifel und als ich dann in dem einzigen abgetrennten Raum meiner Wohnung angekommen bin, fällt es mir dann schlussendlich auf: Ich habe ja nur eine Dusche. Die einzige Alternative zum Badespaß in der Wanne ist dementsprechend ein Fußbad in meiner Salatschüssel – ein Gegenvorschlag, der in mir ehrlicher Weise keine Begeisterungstürme hervorruft – weder in Bezug auf Fußpflege noch auch einen anschließenden Salat.
Nun gut, ich trolle mich zurück in mein Bett. Ein weiterer Tipp, für dessen Beherzigung ich jenes noch nicht mal verlassen muss, ist Lesen. Wie oft habe ich, wenn ich Instagram geöffnet und mir eigentlich nur ein paar Herr der Ringe-Memes und Videos von geschmolzenem Käse angucken wollte, irgendeinen Influencer gesehen, der darüber schwärmt, endlich Zeit für all die Bücher zu haben, die er immer mal lesen wollte, aber die noch unberührt in seinem Regal stehen. Ich blicke zu meinem eigenen Regal. Ja, dort steht noch einiges rum, was ich mir mal zu Gemüte führen könnte und auch in meinem Nachttisch liegt noch ein besonders dicker Wälzer, bei dem das Lesezeichen irgendwo zwischen Seite 100 und 200 von insgesamt 800 Seiten steckt.
Um auch jene traurige Geschichte an dieser Stelle abzukürzen: Mittlerweile – heute um 17:39 Uhr – bin ich auf Seite 740. Angefangen mich den Nebeln von Avalon (so heißt das Buch) anzunehmen, habe ich vor sicher vier Wochen und nein, ich habe kein anderes Buch in dieser Zeit berührt. Schlussfazit zu diesem Thema: In Bezug auf Bücher bin ich treu, aber langsam.
Ihr seht, ich persönlich bin also an den meisten Tipps der im Internet zu Hauf kursierenden Corona-Bucketlisten gescheitert. Dennoch kann ich nur ein weiteres Mal wiederholen: Wem das hilft und wer sich dadurch inspiriert fühlt, soll diese gerne Punkt für Punkt zwischen seinen Homeworkouts und selbstgemachten Smoothies abarbeiten. Ich für meinen Teil habe aber beschlossen, mich von diesen Auflistungen fernzuhalten und mein eigenes Ding zu machen – und wenn dies bedeutet, nun jeden Mittag mich in Morpheus‘ Arme zu werfen und den Schlaf der Gerechten zu schlafen.
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