Und schon ist es soweit, ich habe meine erste Woche in der karnevalistischen Metropole am Rhein hinter mich gebracht; 7 Tage, 168 Stunden und wie viele Minuten das sind, muss ich als Germanistin nicht ausrechnen, weil Buchstaben eh viel cooler sind als Zahlen … Tatsächlich darf ich mich sogar seit Montag, so um 7:40Uhr rum, offiziell „Wahl-Kölnerin“ nennen, denn meinen Ausweis ziert nun ein Aufkleber mit meiner neuen Kölner Adresse drauf. Mittlerweile, wenn ich mich nicht irre, sogar schon der dritte Adressaufkleber seit ich im Mai 2016 meinen neuen Perso in die Hand bekommen habe. Dementsprechend erhebt sich an der Stelle, wo sich der Verweis auf den genauen Wohnort befindet, bei mir auf dem Ausweis auch schon eine kleine Sandbank aus Adressstickern. Eigentlich fände ich es auch nur meiner Freude am Standortwechsel ehrenhalber angemessen, dass man ab dem dritten Umzug einen Sticker mit ‘nem Bronzerändchen bekommt. Ab fünf Adressänderungen dann einen mit silberner Umrandung und ab ganzen zehn Umzügen innerhalb einer Ausweisperiode einen Aufkleber mit dekadentem Goldrand und obendrauf noch einen Sektempfang im Bürgerzentrum. Das wäre doch echt fancy, oder? Auf jeden Fall irgendwie schicker als diese laaaangweiligen, schmucklosen Aufkleber, die, hätte man sie früher in ein Freundbuch geklebt, dafür gesorgt hätten, dass die Freundschaft sofort aufgekündigt gewesen und die Seite mit eurem Eintrag einfach rausgerissen oder zugeklebt worden wäre. Also liebe Stadtverwaltungen, Bürgerämter oder wer auch immer dafür zuständig ist: Denkt mal drüber nach!
Ansonsten habe ich natürlich nicht nur auf dem Bürgeramt rumgesessen, sondern auch mein Praktikum begonnen … und das ist Vollzeit … und Vollzeit zu arbeiten oder wenigstens so zu tun, als würde ich arbeiten, bin ich nicht gewohnt. Leute, ich bin die ganze Woche abends vollkommen fertig in meine Wohnung gekrochen und bin dann spätestens um halb neun so müde gewesen, dass ich kaum noch die Augen offenhalten konnte. Ich hab‘ eigentlich durchgängig die ganzen letzten Tage um neun Uhr das Licht ausgemacht, weil es so oder so dunkel ist, wenn man seit ‘ner halben Stunde eh schon geschlafen hat – da ist Licht das Letzte, was man braucht.
Und jetzt mal eine ernstgemeinte Frage an alle, die acht Stunden am Tag arbeiten gehen: Wie zur Hölle macht ihr das, dass ihr nach dem Sandmännchen nicht direkt ins Koma fallt? Dass ihr es schafft, einen Film zu Ende zu gucken, der um 20:15 Uhr anfängt? Wird das besser? Oder bleibe ich unter der Woche eine vollkommen asoziale Achtjährige, die nirgendwo mehr hingehen kann nach der Arbeit, weil sie um spätestens neun ins Bettchen muss, da an ihren Augenlidern einfach mal ein imaginäres Mammut statt Mascara hängt?
Aber nicht nur das ist ein frisches, vorher unbekanntes Problem, dem ich in der letzten Woche begegnet bin: Direkt am Dienstag wurde ich vor eine neue Herausforderung gestellt, die in Form eines Paket-Abholscheins in meinen Briefkasten geflattert ist. (Wenn ihr wissen wollt, was in dem Paket drin war, dann schaut mal bei mir auf Instagram vorbei.)
„Schön und gut, dann gehe ich das eben nach der Arbeit abholen“, war mein leichtsinniger Gedanke.
Ha, falsch gedacht! Tatsächlich ist es doch so, dass die Post werktags nur zwischen 9 Uhr morgens und 6 Uhr abends geöffnet hat – für einen Studenten in den Semesterferien, aber auch selbst innerhalb des Semesters also neun Stunden Zeit, um es zu schaffen, zur Post zu gehen, die traditionellen fünf bis zwanzig Minuten am Schalter anzustehen, das Paket abzuholen und sich dann noch eine gute Stunde zuhause von den Strapazen zu erholen. Für jemanden – wie mich – der jetzt aber von halb acht bis halb sechs auf der Arbeit hockt, bleiben ganze 30 Minuten, um zur Post zu fahren, anzustehen und das Paket in die Hand gedrückt zu bekommen. Leute, wie stellt ihr euch das vor? Vor allem, wenn weder die Arbeit, noch die eigene Wohnung direkt neben der Post liegen? Und man zusätzlich auch noch auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist und die ab 17 Uhr durchgängig anzeigen, dass sie sich aufgrund erhöhten Verkehrsaufkommens auf unbestimmte Zeit verspäten? Man sitzt dann also nach einem Acht-Stunden-Arbeitstag an der Bushaltestelle, kann eine Münze werfen (Zahl heißt: Der Bus kommt in den nächsten zehn Minuten. Kopf heißt: Ist mir doch alles egal, Bus kommt, wenn er Lust hat und das wird in den nächsten zehn Minuten nicht der Fall sein!) und darauf hoffen, dass dabei die Zahl-Seite oben liegen bleibt … WÄHREND DIE MÜNZE NUR AUS ZWEI KOPFSEITEN BESTEHT!
Also, bei mir läuft’s super … nein, eigentlich kann und will ich mich auch gar nicht beklagen, immerhin leben und überleben so 45% der deutschen Bevölkerung. Und tatsächlich habe ich es z. B. trotz Arbeit am Freitag geschafft, das Paket anzuholen. Dementsprechend glaube ich, mich auf einem guten Weg zu befinden. Und abends früh zu schlafen, hat den Vorteil, dass wenn man schläft, man nicht gleichzeitig noch Chips in sich reinstopfen kann. Also auch das hat sein Gutes. Außerdem fühle ich mich hier in Köln und auch bei meinem Praktikum ziemlich wohl. Ich bin selbst überrascht, wie schnell ich mich hier eingelebt habe und bin gespannt, was meine Arbeit und auch das Leben hier für mich noch bereithalten – wahrscheinlich aber nicht mehr Schlaf!
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