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AutorenbildJacqueline

#nähkästchen: No-Birthday-Birthday on Ice

Manche freuen sich wie Schneeköniginnen bzw. -könige, wenn sie Geburtstag haben. Ich lege jetzt seit ganzen drei Jahren in Folge meinen Geburtstag auf Eis – diesen sogar 2021 wortwörtlich. Es schneit. Mein erster Geburtstag im Schnee, im April, auf der Nordhalbkugel – und das ist auch nur die Spitze des Eisberges der Seltsamkeiten, immerhin ist da ja noch gaaanz viel weltweite Pandemie, die mir auch nicht unbedingt meinen diesjährigen No-Birthday-Birthday versüßt. Ich muss mir dementsprechend wohl eingestehen, dass die Kuh auch diesmal nicht vom Eis zu holen ist, sondern es sich scheinbar doch gemütlich gemacht hat. Vielleicht hat sie Schlittschuhfahren gelernt oder begeistert sich fürs Eisangeln, auf alle Fälle bewegt sie sich dort nicht freiwillig weg.

Hätte mir letztes Jahr, ach nein letzte Woche, jemand gesagt, dass ich meinen nächsten No-Birthday-Birthday im Schnee feiern würde, hätte ich geglaubt, er wolle mich aufs Glatteis führen oder hätte wirklich keine Ahnung, wann ich mich zu meinem Leidwesen mal wieder numerisch sichtbar meinem Tode nähere. Übrigens ist das auch einer der vielen Gründe, warum Geburtstagfeiern nicht so mein Ding ist. Ich kann mit dieser Mentalität á la „Juhu, du bist noch ein Jahr älter, wieder ein Jahr geschafft auf dem Weg zu deiner Todesanzeige!“ nicht viel anfangen – genauso wenig, wie mit diesem Schnee da draußen, der unaufhörlich fällt und meine Tulpen im Garten, die wahrscheinlich heute aufgeblüht werden, in seinen weißen Würgegriff nimmt. Und ja, ihr habt richtig gehört, ich habe mittlerweile einen Garten mit einem Blumenbeet und sorge mich wie eine Rentnerin (und damit mittlerweile fast altersentsprechend) um meine Tulpen. Für die Narzissen kommt nämlich jede Hilfe zu spät.

Wenn ich nun so weiter aus dem Fenster schaue und sehe, wie sich die Schneedecke wie ein Kranplatz verdichtet, würde es mich nicht wirklich wundern, wenn dort nun drei Heilige Pinguine durch den Schnee gewatschelt kämen, um mir zum Geburtstag zu gratulieren. In ihren flugunfähigen Flügeln bringen sie mir Geschenke wie Calippo Cola, eine Packung Eisbonbons und die Nachricht, dass nicht nur der Boden, sondern auch meine Konten eingefroren sind. Jene Geschenke wären damit ähnlich sinnvoll wie die, welche das Jesuskindlein zu seinem „Geburtstag“ erhalten hat, nur dass ich mich mit ihnen nicht selbst beweihräuchern und auch nicht über das äußerst unangenehme Wetterchen da draußen rum-myrrhen könnte.

An dieser Stelle muss ich mir eiskalt und ehrlich eingestehen, dass jene schlechten Wortwitze als Eisbrecher nicht wirklich taugen. Während der Winterdienst also Frost schiebt, schiebe ich dieses Jahr Frust und kann mich nur unschwer von einer gewissen melancholisch-sentimentalen Stimmung loseisen. Ist es doch so, dass ich nicht nur im Frühling geboren bin, sondern der Frühling auch meine Lieblingsjahreszeit ist. Warum? Weil normalerweise endlich der Winter seine Sachen gepackt hat und auf Immer-Wiedersehen-im-November verschwunden ist.

Aber nein, dieses Jahr hat er doch tatsächlich sein unerwartetes und unnötiges Come-Back wie manch eine abgewrackte, ehemalige Pop-Größe gefeiert und das genau heute, an jenem Tag, der mir doch eigentlich ganz unwichtig wichtig ist und dem ich mit diesem Blogartikel fast schon wieder zu viel Aufmerksamkeit schenke. Aber vielleicht ist das auch nur wieder so ein Corona-Ding und der Schnee hatte Lieferverzögerungen, sollte eigentlich zu Weihnachten kommen, aber die Wetter- sowie auch die Weihnachtswichtel waren leider in Kurzarbeit. Deshalb hat sich die Realisierung jenes veralteten Weihnachtswunsches in die Länge gezogen. Das Formular mit der Kennziffer 12/24 ist wahrscheinlich irgendwo auf irgendeinem Schreibtisch liegen geblieben, dann vergessen und erst im April wiedergefunden worden. Das Resultat hat uns alle dann diese Woche wohl recht kalt erwischt und ich danke denjenigen vom Grunde meines kalten Herzens, dass sie sich unbedingt Schnee zu Weihnachten gewünscht haben. Bestellt den gefälligst nächstes Mal mit Amazon Prime und nicht bei WISH!

Aber nun gut, ich versuche mich den allgemeinen meteorologischen Bedingungen anzupassen, mich nicht aufzuregen und wenigstens den Anschein zu erwecken, dass mich das alles so kalt lässt, wie das Wetter es suggeriert. Es ist ja schließlich nur mein No-Birthday-Birthday und eigentlich habe ich heute auch nichts besonderes vor, was durch den Schnee, die niedrigen Temperaturen und den eindeutigen Klimawandel verhindert werden könnte. Ich bin einfach nur in meiner Wohnung, erfreue mich an den Auswirkungen meiner Kalt- und Warmmiete und lasse diesen Tag verstreichen wie eigentlich das ganze letzte Jahr seit meinem letzten No-Birthday-Birthday. Und vielleicht frage ich mich trotz all der doch ziemlich erkalteten Begeisterung für meinen Geburtstag, wann ich endlich mal wieder einen richtigen Birthday-Birthday feiern kann – ohne Frost, Frust und Corona.

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