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AutorenbildJacqueline

#nähkästchen: Rettungswesten, Abenteuer und Paris

Kennt ihr das? – Also Phasen im Leben, in denen man einfach Lust auf Abenteuer hat. Ich meine. jetzt nicht unbedingt Abenteuer, wie Indiana Jones sie erlebt; so mit Peitsche und Cowboy-Hut durch den Urwald springen, gegen Nazis kämpfen oder Kristallschädel in ihre Heimat rückführen und dabei am Ende Aliens begegnen. Sondern eher so Abenteuer nach dem Motto: Koffer packen und weg! Irgendwohin, wo man noch nie war, Neues entdecken und sich irgendwie auch neu erfinden kann! Bisher war mir das Gefühl eher unbekannt, denn lange war ich eine Person, die z. B. niemals auf die Titanic gestiegen wäre (im Endeffekt auch die weisere Entscheidung). Diese Entscheidung hätte aber nicht an konkreten Gründen gelegen, sondern ich hätte das aus Prinzip nicht getan: Ich gehörte nämlich lange zu der Art Menschen, für die Sicherheit immer das Wichtigste ist. Dementsprechend war ich in meinem Leben nicht nur mit einer Schwimmweste unterwegs, sondern trug stets auch noch Schwimmflügel, fünf Rettungsringe um die Hüfte, hatte sechs Leuchtfeuer sowie einen Erste-Hilfe-Kasten mit Reiseapotheke für alle 194 Länder auf dieser Welt dabei und das auf einem Boot, das fünf Meter entfernt vom Ufer lag, … angetäut …bei Ebbe … auf einer Sandbank.

Also mode-technisch bin ich perfekt vorbereitet auf Paris :)

So habe ich mich lange Zeit am Wohlsten gefühlt. Ich will diese Haltung jetzt auch nicht schlecht reden, sicherlich hat sie mich vor dem ein oder anderen Eisberg gerettet, gegen den ich sonst wohl mit voller Kraft gegengesteuert wäre. Aber sie hat mich auch davon abgehalten, eine neue Welt zu entdecken, mich selbst besser kennenzulernen, mich neuen Herausforderungen zu stellen (auch wenn ich die Erfahrung, niemals im eiskalten Wasser an einer Tür gehangen zu haben, obwohl ich da selbst noch mit drauf gepasst hätte, nicht vermisse).

Diese Einstellung hat sich aber vor Kurzem verändert, nicht plötzlich von Heute auf Morgen, eher schrittweise, langsam, aber doch stetig. Ich fing an, die Grenzen meines selbst gesetzten Horizontes zu hinterfragen und im Anschluss daran auszuweiten. Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass mir mehr möglich sein würde, als das, was ich gerade lebe. Das dieser Lebensausschnitt eben nur ein Ausschnitt ist und nicht die ganze Welt und ich fing an, meine eigene Comfortzone zu erweitern, indem ich Neues wagte. Es waren so kleine Schritt wie der Umzug in meine erste eigene Wohnung oder den Mut zu finden, endlich meiner Mutter zu sagen, dass ich auf keinen Fall nach meinem Studium ins Referendariat gehen möchte. Ich fuhr also Stück für Stück aufs Meer hinaus, ich machte mich los von der Sandbank, auf der ich mich festgefahren hatte und nutzte die Flut, um voran zu kommen. Ich musste noch niemals großartig selbst etwas dafür tun außer Loslassen; ich merkte einfach, wie mich die Wellen des Lebens vorantrieben, denen ich sonst mit Starrsinn und einem gewissen Trotz die Stirn geboten hatte. Seitdem aber weitet sich für mich Tag für Tag der Horizont, statt kleiner wird er immer größer, und ich habe Lust, Neues zu entdecken. Momentan reizt mich z. B. der Gedanke mal für einen Monat oder vielleicht auch zwei nach Paris zu gehen, einen Sprach- oder Zeichenkurs zu machen und mal in eine andere Kultur einzutauchen. Warum gerade Paris? – Ich muss ehrlich gestehen, dass ich es nicht so genau weiß, aber ich glaube, es ist einfach das Flair von einer gewissen Ungezwungenheit und von Genuss, das mich an der französischen Hauptstadt reizt. Vielleicht hat es auch ein bisschen damit zu tun, dass ich gerade die neue Staffel „Marvelous Mrs. Maisel“ gesehen habe (sehr zu empfehlen!) und dort Paris zu einem Ort der Selbstfindung und -verwirklichung wird. Oder es ist u. U. der Fakt, dass Paris nicht ganz so weit weg von Aachen und meiner Familie ist und ich doch noch nicht ganz aufs offene Meer hinausfahren möchte. Ich denke, die Kombi macht’s im Endeffekt und die Vorstellung, dass man in Paris zu jeder Uhrzeit Wein trinken darf! Was ich im Großen und Ganzen also hier sagen möchte, ist, dass ich mich mittlerweile bereit fühle für solche Dinge; für Veränderungen und Abenteuer und, dass es deshalb eben jetzt auch die richtige Zeit dafür ist. Jetzt, d.h. in dem Moment, in dem die Neugier über die Unsicherheit siegt. Denn jetzt, in diesem Moment spüre ich etwas, das ich nie gedacht hätte, zu fühlen in meinem kleinen, gut gesicherten Bötchen. Etwas, das aber plötzlich mein Leben verändert hat und mich zu einem abenteuerlustigeren Menschen werden ließ, der plötzlich zuversichtlicher ist und dessen Selbstvertrauen nun seine Schwimmweste ersetzt. Früher habe ich die Menschen, die das konnten, immer bewundert, immer gedacht, ich würde das nie können. Die Hürden, die ich dafür hätte überwinden müssen, waren damals einfach de facto noch zu hoch für mich. Aber nun bin ich bereit und ich glaube, das ist es auch, was jeder für sich selbst entscheiden muss, was jeder erst in sich spüren muss, um Lust auf Abenteuer zu haben … vielleicht hat man diese Lust bereits von Kindesbeinen an, vielleicht erwächst sie im Teenageralter oder erst als junger Erwachsener. Und selbst mit 51 Jahren kann man noch seine größten Abenteuer erleben wie Indiana Jones uns in vier Kinofilmen zeigt. Also, macht euch auf in ein Abenteuer oder bleibt in eurem Boot noch eine Weile am Ufer sitzen, tragt Schwimmflügel und Rettungswesten oder einfach nur leichtes Gepäck. Tut, womit ihr euch wohlfühlt und setzt euch dementsprechend nicht unter Druck, geht Kristallschädel im Dschungel suchen, reist nach Paris und tanzt auf der Champs Élysée, nur steigt vielleicht nicht auf die Titanic und wenn ja, dann nehmt euch nicht nur metaphorisch eine Rettungsweste und Schwimmflügel mit!

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