Ein Umzug ist, wenn man verträumt im Gras liegend darüber nachdenkt, immer ein Aufbruch in einen neuen Lebensabschnitt; eine Möglichkeit, sich neu zu definieren; eine grundlegende Veränderung der Lebenssituation; ein Startschuss für den Aufbruch in neue Dimensionen des Alltags. Wenn man dann aber auf dem harten Asphalt der Wirklichkeit steht und vor sich eine ganze Wohnung zum Ausräumen hat, sieht alles schon ganz anders aus:
Dann sind die zehn Umzugskartons, die man sich mit dem Gedanken „Ach, so viel Krempel kann ich auf 21 Quadratmetern doch gar nicht haben!“, ganz schnell voll und gerade mal ein Schrank ist leer. Dann fällt einem das IKEA- Mobiliar beim Auseinanderschrauben nicht nur an den Soll- Stellen auseinander, sondern ganz woanders. Und dann dauert der Umzug doch nicht so pseudo- realistisch geschätzte vier Stunden, sondern ganze Zehn und am Ende des Tages sitzt man vollkommen erschöpft zwischen den insgesamt 25 Umzugskartons, den drölf Taschen und vier Koffern, während das warme, weiche Bett noch ein Spanholzplatten- Massaker ist, das erst wieder zusammen gesetzt werden will. Ihr merkt, ich spreche aus Erfahrung. Ich spreche aus Erfahrung, die aus ganzen vier Umzügen rührt und einem fünften, der mir nun bevorsteht. Und bereits jetzt, obwohl ich noch nichts in Kisten verstaut habe oder auch nur ein Staubkorn von meiner jetzigen in die neue Wohnung getragen habe, stehe ich direkt schon wieder vor gewissen Herausforderungen.
Erstmal musste ich jetzt insgesamt acht Interessenten durch meine Wohnung schleusen, „Welcome to my crib“, und ihnen irgendwie eine Führung durch meine vier Wände geben, ohne dabei lächerlich zu wirken – und das war tatsächlich schwerer als gedacht. Denn seien wir mal ehrlich, es wirkt recht semi- professionell, wenn man den Besuchern die Küche, das Schlafzimmer und das Büro zeigt, indem man sich eigentlich nur einmal um 280 Grad um seine eigene Achse dreht.
Da war das Badezimmer wenigstens mit der Besonderheit einer Tür ein Highlight mit Überraschungseffekt. Außerdem erforderten diese drei Tage meines Lebens auch noch, dass ich einigermaßen Ordnung in meiner Wohnung halten musste, was bei 21 Quadratmetern ziemlich schwierig ist: Da müssen nur mal eine Hose und zwei Bücher auf dem Boden rumliegen und schwupps ist die ganze Wohnung unordentlich. Aber das ist jetzt wenigstens abgehakt: Nachmieter gefunden.
Die nächste Aufgabe war dann schon um einiges komplizierter als bloß Lächeln, Winken und Aufräumen, denn jetzt stand das Mieten eines Transporters an (vom Fahren mal ganz abgesehen, das ist etwas, was ich gerne meiner besten Freundin überlasse – die hat übrigens auch einen Blog, also schaut gerne bei ihr vorbei: https://phantasiekonfetti.wordpress.com/ ):
Ich also alle möglichen Vergleichsportale geöffnet, mich durch die verschiedensten Transporter- Modelle geklickt und immer wieder auf die eine unüberwindbare Hürde gestoßen, die mir an vielerlei Stelle versagt hat, überhaupt auch nur das Anliegen „Ähm hallo, ich würde gerne einen Transporter mieten!“ zu äußern. Dies lag an einem Defizit meinerseits. Einem Defizit, das mir lange überhaupt nicht bewusst war – und nein, ich rede nicht davon, dass ich zuhause mit dem Kennzeichen „Bauer Ohne Rücksicht“ (BOR) rumfahre. Nein, ein anderes Defizit, nämlich den Nicht -Besitz einer Kreditkarte. Eine Kreditkarte scheint nämlich in der Autovermietungsbranche der heilige Gral zu sein, das It- Accessoire, der Schlüssel zum Glück auf vier Rädern. Aber ich, ich gehöre eben nicht zu diesem elitären Club der Kreditkartenbesitzerinnen und -besitzer, ich zähle noch zum EC- Karten- Proletariat, das nur ausgibt, was es auch wirklich auf dem Konto hat. Aber nun gut, im Endeffekt habe ich dann auch nach längerem Suchen ein Unternehmen entdeckt, dass auch für eben jene Menschen wie mich - mit kartiellen Defiziten - Mietwägen zur Verfügung stellt. Und nein, die sind weder von der Caritas noch von der Tafel.
Aber auch da merkte ich recht schnell, dass das Fehlen einer Kreditkarte auch nur einer von mehreren Mängeln an mir war; denn nach langer Zeit bin ich mal wieder zu jung für etwas. Aber wenigstens lässt sich der „Türsteher“ der Autovermietung mit einer „Junge- Fahrer- Pauschale“ bestechen. Trotzdem kam ich irgendwie nicht um die Frage herum, warum Opa Herbert mit 73 Jahren, sechs Dioptrien auf dem einen und grauem Star auf dem anderen Auge, Nackenstarre und Sekundenschlaf-Problemen eher einen Transporter fahren dürfe als ich. Aber nun gut, ich will den Sprinter ja auch gar nicht fahren, also alles halb so wild - ja, wenn man den Millionär ist! Denn, wenn man sich ehrlich eingesteht, dass man alles, was nur 2cm größer als ein Polo ist, nicht fahren will/kann/möchte, dann hat Ehrlichkeit auch wieder ihren Preis. Also noch einmal 5€ oben drauf, da ich einen Chauffeur („Zweitfahrer“) angeheuert habe, ich kleines Luxusweibchen.
Am Ende ist der Transporter dann aber gebucht und bezahlt, die Wohnung weitervermietet und der halbe Umzug aus verblendet optimistischer Sicht damit geschafft. Mit einem zufriedenen Seufzer ließ ich mich auf mein Bett fallen, das einen komischen Laut zwischen erstickendem Meerschweinchen und quersitzendem Furz machte und dann in sich zusammenbrach. Damit wäre dann also noch ein Punkt auf meine To- Do- Liste hinzugekommen: Auf, auf zu IKEA für mehr Spanholzplatten!
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