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AutorenbildJacqueline

Von Größenvergleichen, Königen und meinem Neuen

Es gibt Menschen, die der festen Überzeugung sind, es komme nicht auf die Größe an. In vielen Bereichen stimme ich diesen Personen auch vollkommen zu. Aber es gibt Dinge, bei denen die Größe eindeutig eine Rolle spielt, z. B. wenn man sich zwei Jahre mit viel zu wenig zufriedengegeben hat – so wie ich. Zwei Jahre lang war ich der Meinung, ich bräuchte nicht mehr im Schlafzimmer. „Es reicht doch!“, sagte ich immer wieder beschwichtigend zu mir, aber tief im Inneren wusste ich, dass mir etwas fehlte. Ich wollte mehr, ich brauchte mehr – auch wenn ich mir einzureden versuchte, dass alles doch gut so sei, wie es zu diesem Zeitpunkt war. Doch die Befriedigung fehlte und irgendwann vor ein paar Monaten kam ich zum Entschluss, dass es so nicht weitergehen könne. Deshalb trennte ich mich von ihm, denn es passte einfach nicht mehr.

Und so kaufte ich mir also Anfang November ein neues Bett. Ein Bett mit einer Liegefläche von 1,40m und einer Matratze, die einen auf diesen 1,40m nicht bloß liegen, sondern thronen lässt. Und jedes Mal, wenn ich nun in mein neues Bett steige (bitte Wortwahl beachten), habe ich das Gefühl, ein König im 18. Jahrhundert zu sein, der seine Untertanen in einem prächtigen Prunkbett statt auf einem langweiligen Thron empfängt. In diesem Zusammenhang steht dann auch das Bedürfnis, royal zu winken oder meine nicht vorhandene Dienerschaft von meinem Bett aus rumzukommandieren.

Und ach, wie königlich schlafe ich erst in diesem Traum von Liegestätte – während ich auf den 80cm meines alten Bettes bloß die Pose „Pharao im Sarkophag“ einnehmen konnte, kann ich nun jegliche, erdenkliche Schlafposition auf meinem neuen Bett ausprobieren. Hoch im Kurs sind z. B. der kleine Seestern, der etwas größere Seestern, die L-Position oder auch der Riesenseestern. Wären meine Hände und Füße nicht fest mit dem Rest meines Korpus‘ verbunden, müsste ich sie wohl mit GPS ausstatten und mein Navi benutzen, um sie in den Weiten meines neuen Bettes jeden Morgen zu finden. Demnach bin ich nun zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder sehr froh über die anatomische Eigenheit, dass im gesunden Zustand jegliches Körperteil mit Nerven-, Muskeln- und Sehnensträngen am Torso befestigt ist. Liegt man nämlich in einem Sarkophag von Bett, muss man sich um so etwas keine Gedanken machen.

Aber nun zurück zu meinem neuen Lieblingsmöbelstück, welches nicht nur obenrum, sondern auch untenrum sehr überzeugt. Ich habe nämlich nun einen Extrastauraum für all den Krims, der sonst in meiner Wohnung rumgestanden hat: Saisonale Klamotten, ein Eimer Farbe, ein Ventilator, eine Bombe aus dem zweiten Weltkrieg, sowie Koffer, Rücksäcke, Pappkartons finden nun Platz unter meinem neuen Bett und entziehen sich somit jeglicher optischen Wahrnehmung. Sie sind wie weggezaubert und das ganz ohne Magie wie sie Hermines perlenbesetzter, kleiner Handtasche aus dem siebten Harry Potter Buch innewohnt.

Sollte man aber nicht so viel Kram wie ich besitzen, der in der Wohnung rumsteht oder einfach Inhaber eines Schrankes sein – im Gegensatz zu mir – der könnte wahrscheinlich den Platz unter einem Bett wie meinem ganz einfach auch wortwörtlich untervermieten. Gerade hier in Köln habe ich schon schlechtere Angebote als „2,8 Quadratmeter warm mit gut isolierten Decken und zwei Seiten Fensterfront“ auf dem Wohnungsmarkt gesehen.

Der einzige, winzig kleine Nachteil an meinem Bett ist vielleicht die Tatsache, dass es sehr, sehr raumeinnehmend ist. Ich kann nicht behaupten, dass meine 27 Quadratmeter große Wohnung nun einen größeren Anschein macht als vorher. Ich habe mich sogar gefragt, ob ich nun einen Adresszusatz bräuchte: Jacqueline, wohnhaft im zweiten Stock, Paket bitte im Bett abgeben. Dennoch ist mir mein neues Prunkbett diesen Nachteil wert, denn, wenn ich ehrlich mit euch bin, halte ich mich zuhause auch nicht wirklich außerhalb meines Bettes auf. Das könnte natürlich daran liegen, dass ich nur einen einzigen Stuhl besitze oder einfach daran, dass Gemütlichkeit für mich das A und B ist, das Angenehmste und Bequemste.

Und demnach komme ich einem edlen, königlichen Landgut gleich, welches auch nicht irgendwo sitzt, sondern so wie ich am am schönsten Ort im ganzen Reiche liegt - und das ist für mich nunmal mein Bett, wo ich mich mich pudelwohl fühle und schlafe wie die Prinzessin auf der Erbse - nur ohne Erbse.

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