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AutorenbildJacqueline

#witchup: Mythen der "Hexenverfolgung"

Wer sich mit Witchcraft und Magie beschäftigt, kommt an einem besonders düsteren Kapitel der Menschheitsgeschichte nicht vorbei: Die Hexenverfolgung. Die Forschung geht davon aus, dass um die 60 Tausend Personen dieser wahnhaften Vorstellung von Hexerei in Europa zum Opfer fielen. Besonders viele davon starben in deutschsprachigen Gebieten – die Konfessionsangehörigkeit der Ortschaften und Städten, in welchen die unbarmherzigen Prozesse gegen unschuldige Menschen geführt wurden, spielte dabei keine Rolle. Demnach kann der Irrglaube, dass die Hexenverfolgung ein Produkt des Katholizismus sei, hier schon aufgelöst werden. Auch Menschen in protestantischen Gebieten litten unter den Folgen des Hexenglaubens.


Aber nicht nur dieses Vorurteil prägt das heutige Bild von Hexenverfolgung, sondern ebenfalls andere popkulturell verbreitete und sich hartnäckig in den Köpfen festsetzende Tropen, wie beispielsweise die zeitliche Verortung dieser Geschehnisse in die Zeit des Mittelalters. Deshalb möchte ich heute ein bisschen Licht ins Dunkel bringen und einige wichtige Fragen zum Thema „Hexenverfolgung“ aufklären. Also, here we go:

 

Wann war die Hexenverfolgung eigentlich?

Die Anfänge der Hexenverfolgung lassen sich ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen, an die Epochengrenze zwischen Mittelalter und Früher Neuzeit. Ihren Höhepunkt fanden sie aber Ende des 16./ Anfang des 17. Jahrhunderts –  in einer Zeit, die von vielen technischen Innovationen und der Renaissance geprägt war. Hand in Hand mit dieser Wiederentdeckung der antiken Kulturen ging die Entstehung des Humanismus‘: In seinen Lehren geht es primär um das Denken und Handeln im Einklang mit der menschlichen Würde und das allgemeine Streben nach Menschlichkeit. Doch wie passt nun die menschenverachtende Praxis der Hexenverfolgung in diese Zeit?

Ganz einfach, indem die Angst und existentielle Not der allgemeinen Bevölkerung vom 16. bis zum 18. Jahrhundert das Steuer übernahmen. Seuchen wie die Pest und Kriege überzogen das Land, die Gegenreformation verbreitete Schrecken und die kleine Eiszeit ließ wichtige Ernteerträge ausfallen und das Vieh (aber auch die Menschen) verhungern. Unter diesen Umständen, welche den Menschen in Land und Stadt das Leben zu einer Tortur machten, konnte die Suche nach einem Sündenbock wenigstens psychologisch Entlastung schaffen – die Hexenverfolgung ward geboren.


Was verstand man „damals“ unter Hexerei?

Das Verständnis von Hexerei umfasste, einfach gesagt, all das, was man als Erklärungsansätze für die persönliche Not verwenden konnte. Darunter fielen Wetterzauber, welche die kalten Sommer und noch kälteren Winter begründeten, aber auch der s. g. „böse Blick“, welcher Schadenszauber in Form von Krankheit und Tod über Mensch und Tier brachte. Zudem wurde den Angeklagten Giftmischerei und die Herstellung von Salben aus Leichenteilen unterstellt. Auf den regelmäßigen Hexensabbaten sollten sie darüber hinaus, Neugeborene opfern und Orgien praktizieren, um Satan persönlich milde zu stimmen und ihnen besondere Kräfte zu verleihen.


Waren es immer nur „weise Frauen“ und Hebammen, welche der Verfolgung zum Opfer fielen?

Hier lautet die klare Antwort: Nein – und das sogar im doppelten Sinne; zum einen wurden als Hexe Frauen jedes Alters, Berufs und sozialen Status‘ verurteilt; Hebammen standen wegen Hexerei sogar nur selten vor Gericht. Sie waren zu wichtig für die Gesellschaft, als dass man ihrer entbehren konnte. Zum anderen wurden auch Männer der Hexerei bezichtigt; sie machten z. B. 30 Prozent der Verurteilten in protestantischen Regionen aus (in katholischen Gegenden war ihre Zahl geringer, hier waren 80 bis 90 Prozent der Angeklagten weiblich).


Tendenziell konnte also jeder und jede, der oder die den Unmut oder die Skepsis seiner oder ihrer Nachbarschaft erregte, am nächsten Tag wegen Hexerei vor Gericht stehen. Besonders gefährdet waren außerdem Personen mit einem verminderten Rechtsstatus – sie waren die leichtesten Opfer und Sündenböcke für die Gesellschaft. Zu dieser Personengruppe zählten auch Frauen. Das misogyne, seit dem Mittelalter durch Kirchenväter wie Thomas von Aquin tradierte Bild des W eiblichen hatte nämlich dafür gesorgt, dass Frauen rechtlich benachteiligt wurden. Außerdem galten sie mit ihrer unterstellten Wolllüstigkeit und Leichtfertigkeit (siehe Evas Rolle im Sündenfall) als prädestiniert für die (sexuelle) Verführung durch den Teufel.


Wichtig bei den Prozessen war in diesem Kontext nur, dass sich genügend Ankläger und Anklägerinnen fanden, welche gegen die Person aussagten. Erschreckend daran ist vor allem die Anzahl an Kindern, welche gegen ihre eigenen Mütter belasteten. Diese Tatsache wirft ein ganz neues Licht auf den in der Hexenszene weit verbreiteten Spruch „We are the granddaughter of the witches you couldn’t burn“. Demnach mögen Personen, welche diesen z. B. auf Shirts tragen, zwar die Enkelkinder von Hexen, aber möglicherweise auch die Töchter sein, welche ihre eigenen Mütter auf den Scheiterhaufen brachten.


Hexenverfolgung stellt sich unter Berücksichtigung dieser Fakten und Tatsachen als ein soziales Problem dar. Der christliche Glaube wurde instrumentalisiert, um ungeliebte Personen loszuwerden und ihnen die Schuld an der eigenen Notlage zuzuschieben. Ohne die Mithilfe der breiten Bevölkerung wären also Traktate wie der „Hexenhammer“ wohl auch schnell wieder in der Versenkung verschwunden und hätten nicht diese große verheerende Wirkung gehabt.


Habt ihr sonst noch Fragen zum Thema Hexenwahn und -verfolgung? Dann schreibt es mir in die Kommentare oder meldet euch bei mir auf Instagram. Dann gibt’s vielleicht noch einen zweiten Teil 😉

 

Literatur

Daxelmüller, Christoph, Hexen, Hexerei: 2. Hexenglaube und Zauberei, in: LexMA 4 (1989), Sp.2203-2204.

Opitz-Belakhal, Claudia, Hexenverfolgung. Ein historischer Femizid? : https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/femizid-2023/519675/hexenverfolgung/; Abrufdatum:20.09.2024.

Voltmer, Rita/ Irsigler, Franz, Die europäischen Hexenverfolgungen der Frühen Neuzeit -Vorurteile, Faktoren und Bilanzen: https://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/hexenwahn/aufsaetze/01.htm; Abrufdatum:20.09.2024.

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