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#witchywomen: Lúthien - Tolkien frei nacherzählt (Teil 1)

Lúthien hatte sich die letzten Nächte in den Schlaf geweint. Aber nicht Trauer oder Verzweiflung füllten ihre Augen mit Tränen, sondern heißer Zorn. Zorn auf Thingol, Zorn auf den großen Elbenkönig von Beleriand, Zorn auf ihren Vater. Und dieser Zorn war dreifach genährt:


Zum einen missbilligte er ihre Liebe zu Beren, einem tapferen jungen Krieger der Edain. „Einem einfachen Menschen“ wie jedoch ihr Vater zu sagen pflegte. Nachdem Lúthien Thingol ihre Beziehung zu Beren Erchamion offenbart hatte, antwortete er nur kühl: „Er ist deiner nicht würdig. Du bist die Tochter einer Maiar, du bist meine Tochter und eine edle Prinzessin. Und das Leben eines Menschen dauert nicht länger als ein Wimpernschlag für uns Elben und genauso wie an einen Wimpernschlag wirst du dich schon bald auch nicht mehr an ihn erinnern.“


Schon damals durchfuhr Lúthien ein Schauer der Wut, sie zitterte, als sie sich von ihrem Vater abwand und von dannen ging. Sie konnte ihm nicht weiter in die Augen blicken. Doch Beren, ihr Geliebter, sprach beruhigende Worte zu ihr und hielt – ebenso wie sie – an ihrer Liebe fest.


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So ging er eines Tages selbst zu Thingol und bat um die Hand der schönen Lúthien. Thingol willigte zur Überraschung beider zur Hochzeit ein, jedoch unter einer Bedingung: Beren müsse ihm einen der Silmarili aus Morgoth‘ Krone bringen. Das sei der Preis für die Hand seiner Tochter. Damit glaubte er, Beren entweder dazu zu bringen, von Lúthien abzulassen oder den tapferen Sohn Barahirs in den sicheren Tod zu schicken.


Eine weitere Welle des Zorns hatte Lúthien damals erschaudern lassen. Doch Beren war bereit gewesen, diesen Preis zu zahlen. So sehr liebte er seine Lúthien, die er voller Ehrerbietung zuweilen Tinúviel nannte aufgrund ihrer Nachtigall gleichen Stimme. Natürlich wollte Lúthien ihren Geliebten nicht allein gehen lassen, sie wollte ihm zur Seite stehen – insbesondere als sie hörte, dass er auf dem Weg zu Morgoth am Sirion-Pass gefangen genommen worden war. Sein Kerkermeister war kein geringerer als Sauron, einer der mächtigsten Úmaiar, welche als Abtrünnige Eru Illúvatars dem dunklen Herrscher Morgoth diente. Auch wenn sie wusste, dass Finrod Felagund, ein ehemaliger Freund von Berens Vater bei ihrem Geliebten war, wollte sie aufbrechen, um ihnen zu helfen.


Doch statt sie ziehen zu lassen, befahl Thingol, sie einzusperren in einem hohen Baumhaus in Doriath, ständig bewacht von elbischen Soldaten. Und da war sie nun, voll dreifacher Wut zum Nichtstun verdammt. Doch war sie das wirklich? Nein. Sie war die Tochter der Maiar Melian, sie war die Tochter eines der mächtigsten Elbenfürsten und sie war beseelt von der Liebe zu Beren, der im Kerker von Tol-in-Gauroth seinem Ende entgegensah, wenn niemand etwas tat.


Und so begann Lúthien aus ihrem langen, wallenden Haar ein Seil zu flechten, was sie einige Tage später zu den Wachen hinunterließ. Das Erbe ihrer Mutter hatte ihrem Haar magische Kräfte verliehen und ließen jeden in tiefen Schlaf fallen, den der süße, betörende Duft ihrer Haarsträhnen in der Nase kitzelte.

Und auch Lúthiens Wachen, welche am nächsten Morgen der unbändige Zorn Thingols treffen sollte, widerstanden nicht der Magie. Ihr Augen schlossen sich, ein entrücktes Lächeln trat auf ihre Lippen und sie schliefen ein, sodass Lúthien an ihrem Seil aus Haar aus dem Baumhaus fliehen und sich in die Dunkelheit davonstehlen konnte. Sie würde ihren geliebten Beren retten, kein Risiko schien ihr in diesem Moment zu groß, keine Gefahr zu schauerlich. Doch sie konnte nicht wissen, was sie noch erwarten sollte…

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