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Über Buchstaben-Magie und die Leipziger Buchmesse

Aktualisiert: 18. Juni 2019

Bücher, Träume, Lesefreude – all das und auch noch viel mehr habe ich letztes Wochenende auf der Leipziger Buchmesse erlebt. Es war wirklich bewegend, so viele Menschen zu sehen, die noch lesen, Lust am Lesen besitzen, Interesse an etwas, das in unserer heutigen Zeit schon fast antiquiert wirkt. Das Medium „Buch“ wird Stück für Stück verdrängt, die Haptik eines Blatt Papiers in gebundener Form wird immer mehr zur nostalgischen Erinnerung. Einerseits eine positive Entwicklung, Ebooks sind auf dem Vormarsch, d. h. weniger Bäume müssen für die Produktion von Büchern ihr Leben lassen. Und doch, andererseits vermisse ich dieses Blätterrascheln, die Schwere der Worte in Buchform in der Hand, das gedankenverlorene Blättern in einem Roman. Dementsprechend ist die Buchmesse ein Ort, an dem ich all das nachholen kann. Ein Ort, an dem Buchstaben-Magie herrscht, an dem Phantasie Gestalt annimmt, an dem Gedanken sich materialisieren. Ein Cover neben dem anderen, eines verlockender als das Nächste, man blickte durch die Bücher in andere Welten und aus den Büchern kommen andere Welten hervor – überall zwischen den zivilgekleideten Besuchern der Buchmesse laufen die buntesten Figuren herum, als wären sie direkt den Büchern entstiegen. Die Comic-Con in Halle 1 zieht nämlich neben den Liebhabern von Belletristik und Sachbüchern auch viele Cosplayer an, sodass Radagast neben Sissi steht, Mad-Eye-Moody neben einer Nymphe oder Anna aus Frozen sich angeregt mit Jon Snow unterhält. Hier kann jeder sein, wer er mag. Hier gibt es kaum Grenzen, ob zwischen Romanen und Kochbüchern, Krimis oder Liebesgeschichte – alles ist co- existent. Alles vermischt sich zu einer einzigen großen Bewegung, die durch die einzelnen Hallen der Buchmesse zieht. Und diese Bewegung zieht dich mit, du wirst von ihr geleitet, deine Augen sehen sich nicht satt, an allem, was dargeboten wird. So viel Leben auf Papier und in den Gängen, hier eine Lesung, dort eine Signierstunde und trotz des Trubels bleibt die Zeit scheinbar stehen wie Buchstaben auf Papier. Auf Papier, das Träume zeigt und erweckt, das das Leben festhält und doch voranbringt. Papier ist geduldig, sagt man, es wartet auf den Einfall von Gedanken, hier wartet es auf den Einfall der vielen tausenden Besuchern der Messe.

Poetisiert Euch!

Es ist faszinierend, zu sehen, wie ein so einfaches Medium aus Tinte und Papier so viele Menschen in seinen Bann reißen kann und doch ist es nicht einfach, dies auch wirklich zu erreichen. Jene Magie entfaltete sich nur, wenn das, was die Tinte schreibt und das Blatt einfängt, auch das ist, was Lust macht, zu lesen, zu lernen, zu träumen. So vielfältig wie die Funktion von Schrift, von Büchern, von Literatur ist auch das zugehörige Publikum. Wie oben bereits beschrieben ist es bunt in einer Welt voll schwarzer Buchstaben auf weißem Papier. Hier auf der Buchmesse findet jeder, was er sucht, und doch suchen alle das Gleiche: Leselust. Leselust, etwas, das ich oft vergesse in meinem Studium, das einem geraubt wird von manch zähem literarischen Erguss eines zwar brillanten, aber schwerfälligen Geistes aus längst vergangenen Zeiten. Das verloren geht, wenn man Aufsätze und Monographien für seine Hausarbeiten zusammenpfercht, Bücher werden zu bloßen Literaturangaben, die Lust zum Frust und jede Seite statt zum Freunde, zum Feinde.

Doch hier ist alles anders, da gleiten die Seiten durch die Hände, da schaut man voll Vorfreude auf den Klappentext und verliert sich in dem Anblick des Einbands, der gestaltet ist wie ein modernes Gemälde: Es grinst die Grinsekatze, es schimmert der Titel, der Blick der Gestalt auf dem Cover und der eigene kreuzen sich und zwischen drin, die Figuren selbst– auferstanden aus dem toten Papier, das durchs Lesen zum Leben erweckt wird. Es entspannt, sich einfach mal den einfachen Dingen des Lebens zu widmen, denn Lesen ist nicht schwer. Wenn man’s einmal gelernt hat, dann kann man es. Man verlernt es nicht; zwar fühlt es sich vielleicht auf den ersten Seiten nach einer langen Abstinenz noch etwas schwergängig und zäh an, doch ölen das Interesse und die wohlgewählten Worte das Getriebe. So gleitet der Blick schon bald ganz leicht über die Buchstaben wie eine Schwalbe übers Firmament. Lesen ist etwas Einfaches und doch fällt es uns in unserem Leben oft so schwer, uns Zeit zu nehmen, uns einem Buch zu widmen, die Aufmerksamkeit vom Hier und Jetzt auf ein Dort und Da zu richten. Auf der Buchmesse jedoch verschwimmt das eine mit dem anderen, sodass man eintaucht in andere Welten, während man stets zwischen Regalen und Austellern weilt. Es ist ein bisschen, als würde man sich selbst in einem großen Buch befinden, ein Buchstabe sein auf dem Papier, das der Messeboden ist. Überall duftet es nach Büchern, der Geruch ein bisschen schwer doch verlockend – mal stärker, mal schwächer und bei Matabooks ist es, als würde man seine Nase in eine Wiese stecken. (Eine weitere faire und nachhaltige Alternative zum „normalen“ Buch, schaut gerne vorbei: matabooks.de!) Mit allen Sinnen nimmt man wahr, wird teilweise auch überflutet von all den Eindrücken und die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen - insbesondere wenn einem Lumiere oder Lord Voldemort über den Weg laufen. Eine Buchmesse ist ein wundersamer Ort, habe ich festgestellt, ein Ort, an dem das Leben pulsiert und doch stillzustehen scheint. Ein Ort an dem Traum und Realität kollidieren, woraus Magie entsteht. Ich habe mal wieder gemerkt, ich liebe nicht nur das Schreiben, ich liebe auch das Lesen. Warum? – Dafür gibt es viele Gründe, die es hier in Leipzig auch als Tickets bei Lovely-Books zum Abreißen gibt: Ich liebe das Lesen … weil es mir hilft, die Welt zu verstehen, weil es die Menschen zusammenbringt, weil es die Möglichkeit bietet, Träume zu teilen und zu kreieren, weil es einfach eines der tollsten Dinge ist, die wir Menschen je erschaffen haben.


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