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AutorenbildJacqueline

#loudandprod: Nachtrag zum Weltfrauentag

Am Montag war Weltfrauentag. Damit erzähle ich wohl dem Großteil von euch nichts Neues, immerhin sind die meisten von uns auf Social Media zugespamt worden mit Kommerz in Form von „Rabattcodes für die Ladys“ und bedeutungsschwangeren Storystickern á la „GRLPWR“ und „Equality for all women“. Ein Tag, den die Welt meiner Meinung nach in dieser Ausprägung nicht braucht, ein Tag, der nach 24 Stunden ein wichtiges Thema unserer Zeit (aber auch unserer Geschichte) wieder unter den Tisch fallen lässt: Die Gleichberechtigung nicht nur von Frau und Mann, sondern aller biologischen und sozialen Geschlechter und ihrer Bedürfnisse.

Doch, wo fängt diese Gleichberechtigung überhaupt an? Geht sie erst bei der berühmten Gender-Paygap oder der niedrigen Frauenquote in Führungspositionen los? Und wenn ja, bin ich dann überhaupt von dieser Form der Ungerechtigkeit betroffen, wenn ich einen Job habe, in dem ich genauso viel verdiene wie mein Kollege mit einem Penis, und ich in den nächsten Jahren auch willentlich keine Führungsposition anstrebe?

Betrachtet man es aus diesem Blickwinkel, kann und darf ich mich nicht beschweren. In dieser Hinsicht bin ich frei von jeglicher negativen Erfahrung mit einem Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern und manch einer wird sich jetzt vielleicht fragen, warum ich mich dann hier überhaupt zu Wort melde. Immerhin bin ich doch anscheinend eine Frau, die vollkommen unbehelligt von all dieser Ungerechtigkeit lebt, darüber hinaus auch noch in vielerlei Hinsicht dem gesellschaftlichen Bild oder böse gesagt dem „Klischee“ des Weiblichen willentlich entspricht und zudem auch noch in einem privilegierten und einem sehr fortschrittlichen Land aufgewachsen und beheimatet ist.

Diese Punkte kann und will ich nicht von mir weisen; oberflächlich betrachtet leide ich nicht unter einer offensichtlichen Benachteiligung aufgrund meines Geschlechtes. Auf den ersten Blick also geht es mir wirklich und vor allem im Vergleich zu Frauen in anderen Kulturen oder Angehörigen der LGBTQ+ Community sehr gut. Dennoch gibt es Bereiche in meinem Leben, in dem ich indirekt bzw. auch manchmal sehr direkt die Auswirkungen einer männlich dominierten Gesellschaft und vor allem eines veralteten (und höchstwahrscheinlich schon damals) unrealistischen Frauenbildes spüre.

All das beginnt z. B. bei meiner Krankheitsgeschichte; Endometriose ist kaum erforscht. Warum? Ganz einfach, weil Männer unter dieser Krankheit nicht leiden. Allgemein fokussierte sich die Medizin lange Zeit nur auf männliche Probanden und Patienten sowie deren Symptome – die logische Folge: Bei Männern werden Krankheiten und gesundheitliche Probleme bis heute schneller erkannt und Diagnosen erfolgen in kürzeren Zeiträumen. Pech also für alle Angehörigen des weiblichen Geschlechts, welche dadurch z. B. öfter an Herzinfarkten sterben, da jene Erkrankung durch den „asymptomatischen“, bzw. nicht mit männlichen Herzinfarktpatienten vergleichbaren Verlauf oftmals nicht schnell genug erkannt wird. Überraschung! Wer hätte denn gedacht, dass der Körper einer biologischen Frau sich so stark von seinem männlichen Pendant unterscheidet, obwohl Eva doch ebenfalls aus Lehm und dann auch noch mit einer Rippe von Adam erschaffen worden ist?!

Jetzt mal die Genesisanspielung beiseite, das ist wirklich ein ernstzunehmendes Problem, unter dem auch privilegierte Frauen wie ich leiden und das nur durch eine Gleichberechtigung und auch Gleichbehandlung der biologischen Geschlechter behoben werden kann.

Aber nicht nur in Bezug auf meine und damit die weibliche Gesundheit müssen Frauen bis heute „zurückstecken“, auch im Alltag begegnet frau immer noch Klischees und einem verzerrten Bild des eigenen Geschlechtes, welches die wahren weiblichen Bedürfnisse vollkommen ignoriert. Ein vielleicht auf den ersten Blick etwas eher komisches Beispiel hierfür sind Rasierer. Ich glaube, jeder Frau ist schon mal aufgefallen, dass die Produktpalette für die weibliche Zielgruppe sich durch Pseudo-Qualitätsmerkmale wie Farbe, hohem Plastikanteil und überteuerten Klingen auszeichnet, während die Modelle für den Mann meist praktischer, langlebiger und preiswerter sind. Was lernen wir hieraus? Frauen lieben schöne Dinge, sie müssen lila oder pink sein und ihre Effizienz ist vollkommen egal.

Ich denke, ich spreche aber für den Großteil meines Geschlechtes, wenn ich sage: „Weibliche Bedürfnisse vollkommen fehlinterpretiert!“. Denn, wenn ich oder irgendjemand, welchen biologischen oder sozialen Geschlechts auch immer, einen Rasierer kaufen will, dann wollen wir ein Produkt, bei dem uns die Farbe sowas von egal ist, Hauptsache es rasiert gut, es entsteht kein Rasurbrand und die Klingen bleiben lange scharf! Klingt eigentlich logisch, ist es anscheinend für die Wirtschaft aber nicht.

Etwas, das auch logisch ist, aber in der Gesellschaft kaum Anerkennung findet, ist der nicht vorhandene Kinderwunsch einer Frau (mehr dazu findet ihr in einem anderen #loudandproud) oder auch das nicht vorhandene Interesse einer Hetero-Frau an einem bestimmten Hetero-Mann. Während gesellschaftlich anerkannt ist, dass Männer ohne Angabe eines bestimmten Grundes einen Korb verteilen, bleibt einer Frau meist nur übrig mit der „Ich habe einen Freund“-Ausrede zu kommen. Auch hier fehlt eine grundsätzliche, in diesem konkreten Fall soziale Gleichberechtigung, die auch weiblichen Teilnehmern an dem gesellschaftlichen Liebesreigen das gleiche Recht gibt, einfach Nein zu sagen, weil … naja … einfach Nein! Und aus eigener Erfahrung weiß ich sehr gut, dass da wirklich noch Verbesserungspotenzial schlummert, das dringend aufgeweckt werden muss.

Gleichberechtigung – das, was also die feministische Bewegung fordert und das, was der starke Grundgedanke hinter dem gutgemeinten, aber schlecht gemachten Weltfrauentag ist, ist etwas, das in der Gesellschaft, in der ich lebe, glücklicherweise, aber leider bis jetzt nur zum Teil angekommen ist. Deshalb ist auch hier in Deutschland noch einiges an Luft nach oben, die hoffentlich frischer ist als der alte Mief aus den Generationen vor uns, der vielen unserer Mütter, Großmütter und Urgroßmüttern die Luft zum Atmen genommen hat.

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