Und manchmal frage ich mich, … sieht sie das auch? Dass sie zwanghaft eine aufrechte Haltung einnimmt, dass ihr Lächeln nicht die Augen erreicht, obwohl sie sich so sehr darum bemüht? Dass sich ihre Zehen in den Schuhen verkrampfen, damit sie nicht unruhig von einem Fuß auf den anderen wippt? Dass ihr Blick unruhig umherschweift, wenn er sich nicht krampfhaft in den Augen ihres Gegenübers festkrallen kann?
Und manchmal frage ich mich, … schmeckt sie es auch? Dieses fade Aroma ihrer Aussagen wie „Mir geht’s gut!“ oder „Alles in Ordnung“? Jenen bitteren Beigeschmack, der ihre Erzählungen vom letzten Familienfest oder ihrer Kindheit anhaftet? Die belegte Zunge, die schwer wie Blei wird, wenn man sie auf ihre Eltern anspricht?
Und manchmal frage ich mich, … riecht sie es auch? Den leichten Duft von Unsicherheit, der sie umgibt und den sie mit Parfüm versucht, zu überdecken? Jenen Geruch des Unwohlseins, der eben jenes auch bei anderen hervorbringt, wenn diese empfänglich dafür sind? Das leichte Odeur von Angst, sich zu blamieren, etwas „Falsches“ zu sagen oder einfach nur anders zu sein?
Und manchmal frage ich mich, … hört sie es auch? Dass ihre Stimme manchmal zittert, wenn eine Frage sie aus ihren dunklen Gedanken aufschreckt? Dass ihr Atem unregelmäßig wird, wenn man ihr zu physisch zu nah kommt und manchmal sogar fast ganz aussetzt?
Und manchmal frage ich mich, … spürt sie es auch? Diese leichte Vibration in der Luft, die sie wie eine unruhige, unheilvolle Wolke umgibt? Die angespannte Stimmung nach einem hitzigen Gespräch, an dem sie noch niemals beteiligt war? Oder jenes Gefühl der Schutzlosigkeit, welches sie mit verschränkten Armen sich bemüht, abzuweisen?
Oder liegt es nur daran, dass ich weiß, wer sie ist. Dass ich weiß, wer ich bin. Dass ich weiß, dass sie nicht sie und ich nicht ich bin – sondern sie ist ich und ich bin sie. Und wir fragen uns, ob jemand bemerkt, was wir bemerken. Ob unsere Maske noch richtig sitzt, ob unsere Schminke noch verbirgt, was sie verbergen soll und uns niemand so sieht, wie wir wirklich sind.
Und manchmal frage ich mich, manchmal fragt auch sie sich, … wann das ein Ende haben wird und, ob das ein Ende haben wird. Ob wir irgendwann aufstehen und all das Geschichte sein wird – wie ich bin, wie sie ist und was wir zusammen erlebt haben.
Und dann antworte ich, und dann antwortet sie: „Wer weiß!“.
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